Ich überlebe auch diese Nacht und stehe um acht Uhr zum Frühstück bereit.
Wieder nehmen wir uns einen Tisch beim Frühstücksbuffet, diesmal draußen, denn…..Achtung!…..es scheint die Sonne!! …. und wieder genieße ich den göttlichen Feta mit schwarzen Oliven.
Zeit für Eier!
Wie ich gestern bereits mit mir selbst ausgemacht habe, ist heute Zeit für Spiegeleier. Meinen Teller in der Hand, reihe ich mich erwartungsvoll in die Spielgeleier-Schlange ein. Es geht recht flott und schnell bin ich an der Reihe. Ich nehme mir zwei Stück, blicke dem Koch ins Gesicht und bedanke mich höflich. Er sieht durch mich hindurch und ignoriert meine Freundlichkeit.
Ich versuche es erneut ein bisschen lauter. „Thank you!“—„Efkaristo poli!“ , ich schenke ihm ein freundliches Lächeln. Es ist ihm völlig egal. Ich arbeite hier entschieden nicht mit Sexappeal und lass meinen Ausschnitt, wo er ist. Ich möchte einfach meine Dankbarkeit über seine Arbeit äußern, möchte einfach freundlich sein.
Entgeistert schaue ich den emotionslosen Eierkoch an, bis sich hinter mir eine Dame räuspert und meint, dass auch sie gerne Spiegeleier hätte.
Ich verlasse meinen Platz unverrichteter Dinge und wundere mich. Eigentlich tut er mir leid, der Eiermann.
Im Speisessaal
Wir sitzen an einem Tisch für zwei und genießen unser Frühstück. Der Feta enttäuscht mich natürlich wieder nicht und die Oliven dazu sind ein Gedicht. Die Spiegeleier, die ich mir vollständig – ich versuche es so unauffällig wie möglich zu machen- aber natürlich einzeln, in den Mund lege und sie dann genüsslich zerplatzen lasse, machen meinen Morgen perfekt.
Wir unterhalten uns und Anja erzählt ein bisschen von ihrem Leben. Ich fühle mich geehrt über soviel Vertrauen und realisiere wieder, dass wohl jeder von uns einen großen Rucksack durchs Leben zu schleppen hat. Vollgepackt mit viel Schmerz und Leid, aber auch mit berührenden, unvergesslichen und schönen Momenten. Der Wert des einzelnen Lebens nun mal.
Auf einmal fällt mir aus heiterem Himmel ein Sticker meiner Jugend, oder sogar Kindheit ein, ein rotes Herz auf weißem Grund und darin steht: „Seid nett zu einander!“. Er war damals überall zu finden, wir hatten ihn auf unseren Kästen in den Kinderzimmern und auf dem Eiskasten in der Küche. Er macht erst jetzt, nach einiger Zeit des Lebens auf der Welt, Sinn…
Nun, ich habs heute schon versucht….erfolglos. Na, dann eben (noch) nicht. „Aufgeben, tuma nur einen Brief!“ und deswegen bleib ich dran am emotionalen Glück des Spiegeleiermannes.
Wie macht sie das?
Während ich versuche mich emotional wieder zu beruhigen, (Was ist denn los mit mir? Ich bin noch stocknüchtern und derart sentimental… kurz überreiße ich in Gedanken meinen Zyklus…nein, alles unter Kontrolle….), beobachte ich einen weiblichen Gast der sich mit gespreizten Fingern und sehr vorsichtig einen Kaffee in die Tasse laufen lässt und diese dann ein bisschen umständlich ergreift. Was hat sie denn bloß?
Nun, stellt sich, nach kurzer Beobachtung, schnell heraus, dass die Gute eine übermotivierte Nageldesignerin hat. Denn die Nägel der Dame sind beträchtlich lang, sehr lang, nahezu klauenartig. Ich lasse meine Nägel auch bereits seit einiger Zeit professionell verschönern, aber das lässt meinen, wahrscheinlich noch mit Eigelb verschmierten Mund, offen stehen.
Wieder wird mein – kranker….reger…(?) – Geist aktiv und ich stelle mir Situationen wie zum Beispiel das Besteck halten, den Haushalt führen, auf einer Tastatur tippen, oder…..omg! … den Klogang beenden, vor. Gott sei Dank ist Anja meiner Meinung und wir wir staunen und kichern über die Länge dieser Verschönerung.
Womit mein Vorsatz, meinen Mitmenschen Verständnis, Liebe und Zuneigung zukommen zu lassen, schnell über Bord geworfen worden ist. Ich muss da eindeutig noch an mir arbeiten….aber die Nägel …. sind wirklich ein Wahnsinn!!
Am Pool!
Anja hat bereits zeitig in der Früh sehr aufmerksam das Reservierungsgebaren der Gäste am Pool studiert und meint, dass wir auch so bald wie möglich unsere Liegen, wenn wir denn welche wollten, okkupieren sollten.
Schnell ziehe ich mir einen Bikini, natürlich einen anderen als gestern, an. Darüber trage ich heute ein beiges, enges, kurzes Netzkleid. Ich schnappe mir wieder meine Badetasche mit dem gestrigen Inhalt und schlüpfe in meine Havaianas. (die besten, man weiß Bescheid)
Da Anja, wie auch ich in einem 4-Personen-Familienzimmer residieren, haben wir dementsprechend Badetücher zur Verfügung. Jede von uns schnappt sich zwei und somit wird für Sandra und Andi auch gleich mit reserviert.
Beim Familienbecken sind bereits alle Liegen belegt und wir ziehen zum zweiten, dem Sportbecken, weiter. Dort haben wir Glück und suchen uns vier Liegen, Anjas und meine mit direktem Blick auf den Pool, aus.

Die Poolbar ist allerdings beim Familienbecken, das bedeutet, wenn man etwas zu trinken haben will, muss man bei doch einigen (dreißig, oder vierzig?) Liegen vorbei stapfen, oder schlapfen wie es bei den meisten hier wegen der Schuhwahl heißen sollte.
The Sunbed-Situation
Bald sind wir vier vollständig. Gut so, denn es herrschen hier kriegsartige Zustände. Manche Liegen werden einfach wild und grantig von A nach B gezogen, das Geräusch, der rutschenden Metallbeine auf dem Fliesenboden geht durch Mark und Bein (es erinnert mich an eine Szene von „Men in black I“ als Will Smith beim Aufnahmeverfahren seinen Stuhl durch das Zimmer zieht, herrlich!!! ich muss laut und herzlich auflachen); bei anderen wird hemmungslos um eine Übergabe der Liegemöglichkeit gefeilscht. Es entfacht ein reges und raues Treiben um die begehrten Liegen und deren Standplätze.
Hinter uns rottet sich eine Gruppe deutscher (und lauter) Touristen im Pensionistenalter zusammen. Hilde schmiert ihren Gatten Klaus-Günther den Rücken ein, der beklagt sich hörbar über ihre lieblose Art den Sonnenschutz aufzutragen. Helmut aus der nächsten Reihe schreit laut nach vorne, dass Hilde das bei ihm wesentlich zärtlicher macht. Hilde wirft die Sonnencremeflasche nach ihm und beginnt wüst zu schimpfen und zu schreien.
Ein nettes, deutsches Pärchen neben mir, wir haben bereits ein bisschen gesmalltalkt, verkriecht sich hinter den Lehnen ihrer Liegen, spricht leise, oder gar nicht, um bloß keine Aufmerksamkeit der Landsleute hinter sich zu bekommen.
Die sind allerdings sowieso mit sich selbst beschäftigt, denn Hilde muss jetzt jedem männlichen Mitglied der Gruppe den Rücken eincremen. Dies findet natürlich nicht wortlos und schon gar nicht leise statt. Es wird gestöhnt, gegrunzt und gejammert. Hier handelt es sich tatsächlich um einen Fall des Fremdschämens.
Deutschsprachige Bücher, auch meines, werden so gedreht, dass man die Titel von den hinteren Reihen nicht erkennen kann.
Immer enger werden die Abstände zwischen den Liegen, unser direkter Blick aufs Pool wird uns von einem weiteren Pärchen genommen, schamlos richten sich die beiden, Zentimeter vor uns, häuslich ein. Er stopft sich schnell seine AirPods in die Ohren und sie schaut in ihr Handy. Viel haben sie sich nicht zu sagen, naja, vielleicht besser, als die Partie hinter uns, dort wird noch immer um Hilde geschachert.
Immer mehr Gäste tauchen auf. Die Poolbar hat bereits geöffnet und untermalt die Szenerie mit 08/15 Ö3-Sound.
Die Badegäste
Zu meinem Erstaunen, sind doch sehr viele Gäste übergewichtig. Besonders fällt mir die Gruppe der jungen Urlauber in ihren ächzenden Liegen, auf. Formlos wälzen sich die massigen, verschwitzen, rotgebrannten Körper (hier ist höchstwahrscheinlich mit englischen Gästen zu rechnen) auf den Sonnenliegen von einer auf die andere Seite.
Tja, jeder wie er mag und kann, denk ich mir und stehe auf, ziehe mein Netzkleid über den Bikini und flipfloppe los zur Poolbar.
Ja, ich hab auch Glück gehabt
Ich kann mich über meinen Körperbau nicht beschweren. Dass ich bereits das halbe Jahrhundert erreicht habe, sieht man mir kaum an. Ich bin sicher „vorbelastet“, habe einfach Glück gehabt. Aber ganz so einfach ist es ja dann auch wieder nicht. Ich esse nur, wenn ich hungrig bin…also, bis gestern….außerdem praktiziere ich mindestens dreimal wöchentlich Pilates. Ich schwöre darauf und es tut mir gut. Mein Körper ist das Ergebnis und es wäre eine Lüge, würde ich behaupten, ich wäre nicht stolz darauf.
Im beigen, heißen Netzkleidchen marschiere ich an den überfüllten Liegen vorbei Richtung Bar. Ich hole mir erstmal einen Orangensaft und für Anja nehme ich einen Kaffee mit.
Viele männliche Gäste schauen mich neugierig, oder nur gierig, an, die dazugehörigen Weibchen funkeln ihren beobachtenden Partner und mich abwechselnd böse an. Auch hier müsste ich lügen, würde ich sagen, dies nicht zu genießen.
Die Poolbar
An der Bar finde ich „meinen“ flirtenden Kellner vom ersten Abend wieder. Er starrt mich ungläubig an, bewegt sich nicht mehr und sagt nix. Jetzt werde ich auch ein bisschen unsicher. Sitzt alles so wie es soll? Nachschauen kann ich jetzt natürlich nicht, ich muss mich auf mein Körpergefühl verlassen. An und für sich, sollte alles passen. So hoffe ich.
Eine Blondine des Servicepersonals springt ein, lacht ihn laut aus und fragt mich sehr freundlich was ich denn gerne hätte. Ich bestelle mir den Orangensaft und sie schenkt mir ein großes Becherl ein.
Sie ist mir auf Anhieb sympathisch, auf ihrem Shirt ist ein Schild mit dem schönen Namen „Edita“ befestigt, ich spreche sie mit Ihrem Namen an und erwähne lobend ihr wunderschönes Tattoo am linken Unterarm. Sie schießt sofort zurück und lobt mein Kleid in den höchsten Tönen. Wir grinsen uns an. Mögen uns.
Dann blicken wir beide auf den noch immer wortlosen, bewegungslosen Kellner und lachen laut los. Er stimmt kurz darauf dazu mit ein. Die Stimmung ist hervorragend.
Den Kaffee bekomme ich bei einem Selbstbedienungsautomat und ich drücke Anja einen Becher voll mit dem schwarzen Wachmacher herunter.
Mit meinen zwei Becherln in den Händen bewege ich mich natürlich nicht mehr so anbetungswürdig wie beim Hingehen. Vorsichtig versuche ich nicht zu viel von beiden Getränken über den Poollandschaftsboden zu vergießen.
Bei meiner Liege angekommen höre ich Helmut laut über Hildes geiles Hinterteil philosophieren. Meine liebe deutsche Nachbarin verdreht die Augen und meine drei Urlaubsbegleiter sind allesamt entschlummert. Ich habe also nix verpasst.
Ich versuche mich in meinem Buch zu verlieren. Die Unruhe rundherum lässt aber keine wirkliche Entspannung zu. Außerdem, das geb ich ja zu, höre ich so gut wie jedem gesprochenen Wort in meiner Umgebung zu, nehme fast alle Bewegungen (sie sind aber auch kaum zu ignorieren) wahr und somit befinde ich mich immer wieder in diversen Kommunikationen, oder doch auch tatsächlich mitten in Streite.
Der Airpods-Typ vor mir liegt mit geschlossenen Augen auf seiner Liege und seine wohl gelangweilte Begleitung gießt ihm aus einer eindeutig gekühlten Flasche Wasser über den Rücken. Er schreit und springt auf. Fragt sie, ob ihr die Sonne das bisschen verbliebene Gehirn jetzt endgültig weggeschmort hat und verlässt schwer beleidigt und wahrscheinlich mit einer kurzen Herzrhythmusstörung den Schauplatz.
Sie schreit ihm nach, er solle sich seiner festen Fäkalien entledigen und lehnt sich entspannt zurück. Ach, denk ich mir, so eine liebevolle Beziehung ist doch schon was feines….
Bissl Abkühlung?
Sandra ist wohl durch dieses Gebrüll aufgewacht, wir setzen uns an den Poolrand und lassen unsere, natürlich frisch rasierten, Beine ins blauleuchtende Chlorwasser hängen. Ich liebe das, ich könnte stundenlang so dasitzen. Die Beine gekühlt, der Rest in der prallen Sonne. Dies ist für mich die ultimative Entspannung. Bis auf die Kleinigkeit, dass man ja auf den gerippten Überläufen sitzt und man nach einiger Zeit doch recht stark die stundenlang anhaltende Deformierung des Hinterteiles hinnehmen muss.

Hunger… naja….nein
Dann gibts bald Mittagessen. Ich verzichte diesmal darauf und treffe mich danach mit den anderen, um wieder die herrliche Altstadt zu genießen.
Kos-Stadt
Diesmal legen wir mit einem Taxi die 2,7 Kilometer stadteinwärts zurück und marschieren kleine, enge Gässchen entlang, bis wir vor einer wunderschönen Bar stehen. Sandra und Andi waren bereits unzählige Male hier auf der Insel Kos und natürlich auch in diesem Städtchen. Sie wollen uns, also Anja und mir, die Highlights näherbringen.

Die Bar ist ein wahrgewordener, griechischer Traum. Ein Dach aus einer pinkleuchtenden Bougainvillea spendet den Gästen vor dem kleinen Lokal Schatten.

Die Sitzgelegenheiten sind bequem und sofort fühlt man sich hier wohl und willkommen. Die Bedienung ist äußerst zuvorkommend und die bestellten Cocktails werden relativ rasch gebracht.
Ich bestelle mir einen Coconut-Kiss und genauso schmeckt er auch. Einfach traumhaft!

Danach flanieren wir noch in den Gässchen umher, bleiben dort und da stehen, schauen uns dies und das an.

Ich sehe in einem Taschen- und Ledergeschäft die Lösung all meiner möglichen Heimreiseschwierigkeiten. Und bin nun stolze und entspannte Besitzerin eines recht praktischen, mit mindestens zwanzig Zippverschlüssen versehenen, Rucksackes.
Feta geht immer
Zum Abendessen nehme ich mir griechischen Salat mit einer Extraportion Feta und schwarzen Oliven. Ich bin mit meiner Wahl sehr zufrieden.
Sandra hat sich für, ich nehme an es ist, Schweinefleisch mit Sauce und Erdäpfeln entschieden. Andi hat sich ein mit Käse überbackenes Kotelett mitgenommen. Beide schauen nicht sehr glücklich bei der Verkostung aus und das meiste bleibt ungewollt auf den Tellern liegen.
Katzenpoker und Igeljagd
Am frühen Abend haben wir uns ein nettes Plätzchen auf der Hotelterrasse organisiert und Sandra legt provokant das Pokerbrett auf den kleinen Tisch. Ich grins sie an und frag frech: „Soll ich euch wieder zeigen wies geht?“
Doch der Pokerspaß dauert nicht lange an, liebesbedürftig schmiert uns eine Hotelkatze um die Beine, wir haben mittlerweile mindestens vier haarige Hotelbewohner in unserer Anlage gezählt. Sie werden von wirklich allen Angestellten und Gästen liebevoll behandelt.
Ich lehne mich ein bisschen zurück, um dem kuschligen Wesen mit den Augen zu folgen, dies wird wohl als Aufforderung verstanden und nach einem couragierten Sprung landet die Katze prompt auf meinem Schoß. Es dauert nicht lange und sie macht es sich bei mir bequem und schläft rasch ein.

Die anderen drei schauen ein bisschen eifersüchtig, denn unsere gesamte Gruppe ist, nun, … katzendeppat. Ich streichle über das seidige Fell und genieße die Wärme des Tieres. Es ist schon wieder ein bisschen frisch und so hab es auch ich besonders kuschlig.
Die Mädels pokern und danach unterhalten wir uns noch ein Weilchen. Dann ists Zeit fürs Bett und ich hebe den warmen, weichen, überraschend schweren und schlafenden Katzenkörper hoch. Ich deponiere ihn auf einem leer gewordenen Stuhl und die süße Miezekatze rollt sich dort sofort wieder gemütlich zusammen.
Das gibt´s doch nicht!
Auf dem Weg zu unseren Zimmern sehe ich auf einmal ein halbrundes Gebilde vor uns herumwuseln. Es ist schon recht dunkel und ich werde neugierig ein bisschen schneller. Vier kleine Füßchen kratzen hektisch über die Steinplatten und ich höre ein leises Schnaufen und Grunzen.

Ich grins. Ich mag Igel. Der kleine Wicht biegt ängstlich ins Gebüsch ab und bleibt dann dort reglos stehen. Stellt sich tot?
Ich komme recht nah an ihn (oder sie!) heran und kann fotografieren. Anja ist amüsiert über meinen Enthusiasmus und kichert hinter mir, während ich mitten im Grünzeug stehe. Aber das Foto ists mir wert.
Dann ab in die Zimmer und bettfertig machen. Heute nehme ich mir weise eine dritte Decke dazu und bald wird´s kuschlig und warm. Jetzt hab ich wohl alle mehrbeinigen Hotelbewohner kennen gelernt, denk ich mir grinsend….oder?
Kalinichta
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