„Ich habe eine Woche frei“ sag ich zu meiner Freundin Sandra und rechne mit gemeinsamen, kulturellen Besuchen in Wien. Michelangelo in der Votiv-Kirche, oder Frida Kahlo in der Marx Halle. Doch sie hat andere Pläne, die Insel Kos in Griechenland wird es. Denn dort fliegt sie mit Ehemann und Freundin hin und nimmt mich mit, wenn ich will. Tja, warum nicht? Dann auf nach Kos!

Kofferpacken…

Jeder der mich kennt, oder auch nur meine Geschichten gelesen hat, weiß, Koffer packen ist für mich der blanke Horror. Ich kann das nicht! Wirklich nicht. Am Ende dieser Aktion bin ich immer völlig aufgelöst und habe bereits einige Stamperl (wovon auch immer) in mir, um halbwegs die Fassung zu bewahren. Gutes und beruhigendes Zureden meines Sohnes und die Tatsache, dass ich bereits drei Tage vorher zu Packen begonnen habe, lässt mich die Sache ohne schlimmerer Nervenzusammenbrüche überstehen.

Ich bin noch immer die kleinen vollgestopften Schränkchen im Wohnmobil gewohnt. Ohne Ende konnte ich hier heimlich Kleidchen um Kleidchen, Hose um Hose und Bikini um Bikini reinstopfen. Niemand hat es bemerkt, niemand hat es gewogen.

Bei einem Koffer ist das anders und meine tägliche, bis zum Abflug, Vorstellung doch noch mehr Kleidchen, Hosen, oder Bikinis einzupacken wird hier sehr wohl gemerkt und gewogen.

Los gehts!

Und dann geht´s los. Sandra holt mich mit dem lieben Gatten und den Töchtern, die das Auto wieder nach Hause zurück bringen, um 14 Uhr ab und zu fünft zischen wir zum Flughafen.

Ich kann meinen Koffer kaum heben, für meine braven Follower, die meinen Blog gewissenhaft und konzentriert lesen, nichts neues. Auch Andi, Sandras Ehemann, zieht beim Einladen meines Gepäckstückes die Augenbrauen hoch. Ich will nix hören, die Kleidchen müssen mit. Die Hosen auch und Bikinis und Schuhe sowieso.

Dazu kommt, dass es abends, selbst in Griechenland, im Mai noch frisch werden könnte, somit müssen Pullover und Westen auch noch mit. Meine Waschbeutel, einer fürs Makeup, einer fürs Bad und einer mit Medikamenten sind natürlich auch dabei, brauchen Platz und erhöhen das Gewicht. Ich brauch das, ich bin es so gewohnt, ich kann nicht anders….verklagt mich doch!

Sandra hat mir beim Kofferpacken ihre Hilfe angeboten. Hat aber Sekundenbruchteile später daraufhin gemeint, dass sie mir die Hälfte von dem „unnötigen Zeug“, das ich einpacke, wieder wortlos heraus nehmen würde. Nun, das wollte ich dann auch nicht. Gar nicht! Hier handelt es sich um wichtige, essenzielle Urlaubsausrüstung, ohne die ich meine Zeit in Griechenland wohl kaum genießen könnte.

Zu schwer…..leider

Beim Abgeben der Koffer tritt nun leider die befürchtete Wahrheit ans Licht. Mein Koffer wird nicht angenommen, er ist zu schwer! Um drei Kilo. Mir wird schwindlig. Verdammt, was mach ich denn jetzt?!

Eine wirklich freundliche junge Dame vom Flughafen meint, dass ich diese drei Kilo Übergewicht doch auf meine Leute aufteilen soll. Nun, ich hasse es, Leute um Hilfe zu bitten. Ich hasse es noch mehr, meine Leute um Hilfe zu bitten. Es bleibt mir nichts anderes übrig. Ansonsten, müsste ich das Übergewicht bezahlen, dies würde, laut der freundlichen Dame, soviel wie ein weiteres Gepäckstück kosten.

Ich öffne meinen Koffer, meine panischen Gedanken drehen sich um meine Unterwäsche….“Wo liegt sie? Welche Teile fallen zuerst heraus?“ und werden von Sandras Unmut, wieviel unnötiges Zeug ich denn da mit hätte, übertönt. Ich spüre wie mir der Schweiß in kleinen Bächen über den Rücken läuft. Ich hätte viel gegeben, meinen Koffer nicht öffnen zu müssen.

Doch alle sind, trotz Sandras Genörgel, zur Stelle, öffnen ihre Gepäckstücke und machen Platz für mein Zeug. Sogar Anja, die Freundin von Sandra, die ich zuvor nur einmal gesehen habe, hilft mir, dieses unangenehme Problem zu lösen. Andi hat Platz für meine Schuhe und Anja für mein Badezimmerzeug. Danke schön!

Das muss beim Heimfahren anders gelöst werden, sag ich mir und überlege bereits, was ich wohl opfern werde.

Jetzt ist er weg…..weg!

Jetzt ist das Gewicht meines Koffers ok und er wird auf einem Förderband von mir weggezogen. Hier fehlt mir die Routine. Jetzt ist er weg….ich schnappe abermals nach Luft. All meine geliebten Sachen. „Du siehst sie wieder, bleib ruhig!!“ sag ich mir und frag mich warum ich mir das gerade antue.

Die anderen Koffer sind kein Problem und werden ebenfalls ihren Besitzern entrissen. Naja, so solls ja auch sein. Ich bin im Moment wohl ein bisschen aufgewühlt und taumle paralysiert mit den anderen weiter.

Hände, wo sie nicht sein sollten, …. obwohl…..

Die nächste Station verlangt das Handgepäck in einer Röntgenwanne, auch die Armbanduhr und die Ohrringe müssen darin abgegeben werden. Diese Wanne, ein viereckiges Kunststoffgefäß, wird dann durchleuchtet, bei keinerlei Auffälligkeiten ist man für den weiteren Schritt Richtung Flugzeug befugt. Auch als Passagier wird man durchleuchtet. Man schreitet durch einen Metalldetektor und wenn die Sensoren reagieren, muss kontrolliert werden.

Natürlich piepst es bei mir wie verrückt und ich sehe vor mir, wie bereits eine schockierte Dame gefilzt wird. Ihre Augen sind groß und sie ist blass. Sie tut mir leid, ihre Angst ist fast greifbar. Nach ihrer ergebnislosen Durchsuchung verlässt sie fluchtartig den Schauplatz.

Ich bin die nächste, das ist ist mir klar. Da ich nichts zu verbergen habe, bin ich relativ entspannt, mir wird allerdings mein feuchter Rücken vom Kofferumpacken bewusst. Ich kanns net ändern.

Die Leibesvisitation

Ich muss mich mit gespreizten Beinen und angehobenen Armen vor eine der zwei anwesenden Damen stellen. Ihre Hände tasten meine Arme entlang, zuerst der eine, dann der andere. Sie streicht selbstbewusst und ohne Scheu über meinen feuchten Rücken und tastet über meinen Bauch.

Routiniert rutschen ihre Finger unter meinen BH und ich muss überrascht feststellen, dass das alles eigentlich eh nicht so schlimm ist. Ich muss grinsen und die Dame grinst auch. Danach ist mein Hintern dran. Kurz sind ihre Hände in meiner Hose, aber nicht im Höschen. Wandern dann außen entlang zuerst das linke Bein nach unten und danach das rechte Bein.

Dann ist sie fertig und ich soll weitergehen. Amüsiert, aber natürlich auch erleichtert starte ich zu der Röntgenwanne mit meinen Sachen. Sandra steht daneben und hat alles bewacht. Mit roten Backen lache ich sie an und meine, dass ich gerade meinen ersten Urlaubssex in diesem Jahr hatte. Wir lachen beide und ich belade mich wieder mit meinem Zeug.

Wo sind die anderen?

Nach kurzem, ratlosen Suchen entdecken wir Anja nicht weit von uns. Sie ist völlig aufgelöst. Sie und ihr Handgepäck wurden auf Sprengstoff untersucht. Sie musste alles ausräumen und dann wurde mit einem Tuch darüber gewischt. Nervös packt sie gerade alles wieder ein. Auch Andi wurde dieser Prozedur unterzogen. Ich denke an die Hände in meinem BH und mir wird klar, dass ich hier wohl das bessere Los gezogen habe. Bis auf Sandra natürlich, denn sie wurde, warum auch immer, ohne irgendeiner Durchsuchung weitergewinkt.

Dann gönnen wir unseren erhitzten Körpern eine Abkühlung in Form von kleinen Wasserflaschen um je drei Euro und sitzen kurz darauf endlich bei unserem Gate.

Endlich geht es los!

Mit Schrecken entdecken wir unter den wartenden Gästen unseres Flugzeuges einige Kleinkinder und sogar Babys. Das stundenlange Geschrei auf kleinstem Raum wäre wohl für alle eine Herausforderung. Ich bin allerdings trotzdem einigermaßen entspannt, wahrscheinlich hab ich mein Stresslevel für heute bereits derart strapaziert, oder bereits überschritten, dass mich anscheinend nichts mehr aus der Ruhe bringen kann. Ich weiß vom letzten Flug, dass man auf Wunsch einen weißen Spritzer bekommt, auf den freue ich mich jetzt schon und er wird mich zusätzlich entspannen und das Gebrüll der kleinen Menschen überhören lassen. Fast.

Im Flugzeug sitze ich zwischen Andi und Sandra. Andi sitzt beim Fenster und ich habe eine gute Sicht an ihm vorbei nach draußen. Sandra hat Flugangst, Anja, die nur durch den Gang von Sandra getrennt ist, hat Flugpanik.

Der Kapitän stellt sich vor, er heißt Martin Irgendwas… , er meint wir fliegen zirka zwei Stunden und wünscht uns einen guten Flug. Nun, sich wahrscheinlich auch, denk ich mir. Blicke auf Sandras blasses Näschen und lass diese Bemerkung nicht über meine Lippen.

Ab in den Süden

Die Motoren des Flugzeugs starten, Martin gibt Gas. Schneller, schneller. Es ist ein so berauschendes Gefühl! Das Motorengeräusch wird lauter. Schneller, lauter, schneller, lauter…..

Und dann … kippt das ganze Gefährt nach oben weg, hebt ab. Ich werde in meinen Sitz gedrückt, diese Kräfte faszinieren mich immer wieder, lassen mich dümmlich grinsen, geben mir ein unbeschreibliches Gefühl von Stärke und zugleich einem Ausgeliefertsein. Ich bekomme Gänsehaut und die Welt außerhalb des Fensters wird immer kleiner.

Langsam wird der Steigflug beendet und das Flugzeug liegt nun gerade in der Luft. Sandra und Anja wirken ein bissl erschöpft. Ich bin sehr stolz auf die beiden Damen. Mutig kann man nur sein, wenn man Angst hat. Und beide waren gerade sehr mutig.

Die Stewardess fragt was wir trinken wollen. Ich grins sie an. „Einen weißen Spritzer, bitte.“ Ich bekomm mein Becherl in die Hand gedrückt und lächle selig.

Kos, ich komme!!


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