Oder: Streng sinds nicht, die Kroaten.

Wir marschieren los, weit ist es ja nicht. Über die Passerella (meine Güte, die mag ich!) auf den Steg und bei den unzähligen anderen Segel- und Motorbooten vorbei. Raus aus der Marina und über die Straße. Der Eintritt pro Person beträgt 70 Kuna, das sind 10 Euro. Dann betreten wir das Theater. Es sind ein paar weitere Besucher da. Die Sonne schaut gerade wieder ein bisschen aus ihrer Wolkendecke hervor.

Und meine Hände gleiten beim langsamen Vorbeigehen an den glatten, uralten, um 81 n. Chr. erbauten Wänden aus weißem Kalkstein entlang. Ich kann mir die zahllosen Besucher in all den Jahren vorstellen, die sich hier entlang bewegt und das Gemäuer dabei glatt geschliffen haben. Ich schau nach oben. Die Fassade besteht aus zwei übereinander geordneten Arkadenreihen mit 72 Bögen. Wir befinden uns im sechstgrößten Amphitheater der Antike. Durch viele Bögen kann man das Meer sehen, dort ist die Außenwand des Theater über 32 Meter hoch.

Wir machen viele Fotos und unzählige Videoaufnahmen für unseren Film. Manchmal wiederholen wir Szenen und ich warte auf ein „Go!“ wenn ich von einem Ende zum anderen gehen soll. Das macht die anderen Besucher neugierig. Meine neue, alte und große Liebe (irgendwann schreib ich darüber ein dickes Buch) mit seinem konzentrierten Blick und dem flauschigen Mikro an der Jacke sieht sehr professionell aus.

A bissl wie ein Filmstar!

Diese Filmaufnahmen sind für mich fremd und neu. Mit meinem Polish (einem Fotobearbeitungsprogramm) kann ich alles „reparieren“, Falten entfernen, Filter darüber legen, am Ende schau ich oft aus wie eine mysteriöse Schönheit, oder eben eine Filmdiva. Dieses Schummeln geht beim Filmen aber nicht. Da wird das festgehalten, was man sieht, was gerade passiert, wie man eben gerade aussieht, mit allen „Makeln“. Trotzdem macht es mir einen Riesenspaß und ich vertraue dem Regisseur und dem Produzenten, dass ich gut rüberkomme und passabel aussehe.

Wir nehmen dort und da Szenen auf und ich fotografiere wie wild. Es herrscht hier eine angenehme, friedliche Atmosphäre. Es ist ruhig, trotz der Besucher. Wenn ich mir allerdings den großen, runden Platz in der Mitte des Theaters anschaue, kann ich fast das Geschrei und Gegröle der 26000 Zuseher hören, die bei den gebotenen Gladiatorenkämpfen und Tierhetzen ausrasten.

Dann steh ich unten in der Mitte des Platzes und dreh mich langsam im Kreis. Ich sehe die Öffnung, aus der die Tiere gelassen wurden, die dann hungrig und aggressiv über arme Sklaven hergefallen sind und das Publikum damit begeisterten. Das waren Zeiten!

Die gebotene Ausstellung unter der Arena zeigt den damaligen Öl- und Weinanbau. Hier stapeln sich reihenweise Amphoren. Das beeindruckt mich allerdings nicht sehr. Ich bin lieber oben und greif noch a bissl die Steine an.

Ich habe bis jetzt keine Ermahnung bezüglich meiner ständigen Angreiferei des antiken Theaters bekommen. Es ist aber auch niemand da, der ein Auge auf die Besucher hätte. So kenne ich das von griechischen, großen Ausgrabungsstätten, von Olympia, oder Delphi zum Beispiel . An jeder Ecke steht ein Mensch mit strengem Blick und beobachtet mit Argusaugen was der erhitzte und überforderte Besucher Widerwärtiges macht. Ich hab alles probiert. Freundliches Lächeln, heißes und keckes Schauen bei männlichen Exemplaren, sogar Ablenkungsmanöver wurden für mich eingeleitet. Zwecklos.

Wir verlassen das Theater (schön wars!) und schlendern ein bisschen durch die Gegend. Zufällig stoßen wir auf den Eingang eines mächtigen, venezianischen Kastells. Über unterirdische Gänge und einem Aufzug gelangen wir hinein, uns wird ein schöner Blick über die Altstadt von Pula geboten. Man kann von hier natürlich auch das Theater sehen. Das Kastell wurde vor 400 Jahren von den Venezianern zum Schutz des Adriahafens errichtet. Es liegt auf dem höchsten Hügel der Stadt, 30 Meter über dem Meeresspiegel. Doch die Sonne versteckt sich wieder vollständig hinter den Wolken, der Wind wird kalt und wir haben Hunger.

Wir gehen zurück zum Boot und essen erstmal etwas. Danach schauen wir uns die Wettervorhersage an. Oh, nein! Morgen wollten wir weiter nach Rovinj, doch das Wetter spielt wieder nicht mit. Nur mehr morgen ist es halbwegs schön, danach geht es massiv mit den Temperaturen bergab. Das würde bedeuten, dass wir, wenn wir Rovinj besuchen, bei der Heimfahrt, für die wir 2 Tage benötigen, schlechtes Wetter haben würden. Ich muss sofort ängstlich an meinen gestrigen Zustand denken und schweren Herzens schlage ich vor, bereits morgen die Heimreise anzutreten.

Mein nächster Dämpfer.

Wie war das? Sommer, Sonne, Spaß, Cocktails, Salz in der Luft und auf der Haut? Zumindest letzteres hab ich wieder, wenn mir der kalte Wind die Gischt ins Gesicht bläst. Ich bin undankbar, ich weiß. Denn auch Spaß habe ich, mein stehts um mein Wohl bemühter Skipper macht alles Menschenmögliche um mich wieder glücklich lächeln zu sehen.

Ja, das Theater und die Burg waren schön. Sehr sogar! Ich schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter und lächle meinen sich fürs schlechte Wetter entschuldigenden Skipper an. Rovinj läuft mir ja net weg. Irgendwann schau ich mir diesen wunderschönen Ort noch an! Fix!

In der Früh verlasse ich cool über die Passerella das Boot und marschiere zur Rezeption um unseren Liegeplatz zu bezahlen. Das funktioniert wie ich es von den Campingplätzen kenne. Nachdem mir eine gute Weiterreise gewünscht wird und mir Mizzis Dokumente, die wir beim Ankommen abgeben mussten, in die Hand gedrückt werden, gehe ich zurück und balanciere über die Passerella, ich nenne sie im Geheimen liebevoll „mein Bretterl“, aufs Boot.

Wir verstauen alles was nicht niet- und nagelfest ist, legen ab und machen uns auf den Heimweg.

(Fortsetzung folgt)


0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert