Es geht auf kiesigem Gelände steil bergab und bereits hier stehen kleine Standeln, die diverse Durstlöscher, wie Bier, Wodka, Tequila, oder undefinierbare Shots anbieten. Die ersten durstigen Gäste kehren bereits hier ein. Wir marschieren mit Schwung, weils ja bergab geht, weiter und kurz darauf befinden wir uns direkt auf der Rennstrecke des Salzburgrings.
Wir gehen direkt auf der Fahrbahn. In der Kurve wird die Strecke ordentlich steil und ich stell mir vor, wie es wäre, wenn ich hier mit meinem kia venga entlangdüsen würde. Ich grins. Weiter hinten ist dann der endgültige Eingang zum Festivalgelände. Es befindet sich in der Mitte der Rennstrecke. Hier stehen vier riesige Bühnen. Recht knapp an einander, wie ich erstaunt feststelle.
Es gibt einige, noch einsame, Hütterl, an denen man sich die Armbändchen mit Geld aufladen kann. Dies, so stellten wir ein paar Minuten später fest, ist ja eine, fast göttliche Fügung. Mit erstmal fünzig Euro am Bandal schaut die Welt gleich anders aus. Die nächsten Hütterln und Standeln schreien förmlich nach uns.
So hab ich mir das nicht vorgestellt! Bin überwältigt!
Zwei große Biere sind schnell bestellt und vom Bändchen abgebucht. Die Organisation ist bemerkenswert. An jeder Ecke stehen unzählige WCs und Pissoirs, alles sauber, in den Kabinen gibt es überall Papier.
Die Leute in den Standeln, egal ob Essen, oder Trinken, arbeiten sehr schnell, freundlich und kompetent. Zwei Euro Pfand für die durchsichtigen Kunststoffbecher, find ich ok. Überall findet man Mistkübel. Einige Security-Menschen sind auch zu erkennen. Die Organisation ist atemberaubend. Alles passt, alles funktioniert.
Wir gehen durch das langsam dichter werdende Gewurdl. Die Leute sind gut drauf, tanzen, singen. Eine zum Leben erwachte Freude. Hier wird die Aussage „Das Electric Love Festival ist eine Lebenseinstellung“, sichtbar.
Die Bühne
Die Mainstage, also die Hauptbühne, ist nicht zu übersehen.
Sie ist das Herzstück des Festivals. Das Design ist mit vielen Holzeinflüssen, einer Mischung aus technischem Wunderwerk und bunter Ästhetik weltweit wohl einzigartig. Hier sind die größten Artists der Welt zu hören!

Es sind schon einige Leute da. Leider ist es noch a bissl zu hell, dass die Beleuchtung der Bühne gut zur Geltung kommt. Ich bin gespannt, wie sie im Dunkeln aussieht. Wer gerade vorne herumspringt und das Mischpult bedient, weiß ich nicht, die Musik ist auf jeden Fall ein Wahnsinn und die Stimmung super.
Die nächste Bühne ist nur ein paar Schritte von dieser entfernt. Ich kann mir die problemlose Beschallung der einzelnen Bühnen nicht erklären. Eigentlich müssten sie sich alle gegenseitig musikalisch stören. Doch das tun sie nicht.
Hier geht die Post ab!
Links von der Mainstage befindet sich der „Club Circus“. Diese Bühne ist überdacht. Man befindet sich wie in einer riesigen Röhre, die an einer Seite geschlossen ist. Dort steht der Dj. Und der gibt Gas….na servas! Oh ja, ich liebe es.
Mit Tech House und Techno lässt diese Bühne mein Herz höher schlagen! Hier fühl ich mich wohl. Das Publikum ist ein bissl älter. Man tanzt an Ort und Stelle, wo man gerade steht. Die Stimmung hier ist….ein Wahnsinn! Mir, ja sogar mir, fehlen die Worte! Ich schau, und tanz, und grins! Meine Güte, bin ich froh, dass ich endlich da bin!!

Ich halt mich tanzend an meinem Bierbecher fest und bin sehr glücklich! Man könnte hier sehr leicht Kontakte knüpfen, egal mit welchem Hintergedanken. Doch meine neue, alte, große Liebe (ein Buch, ich bin mir nimmer so sicher…) steht mit mir am hinteren Ende und ich weiß, dass er nicht weiter hineingehen will.
Was gibts denn noch?
Genau gegenüber der Mainstage befindet sich die „Shutdown Cave“. Hier schlagen die Herzen von Fans der schnellen Musik höher, denn hier sind die besten Uptempo-Artists zu hören.
Schnell, schneller, am schnellsten!
Es handelt sich hier ebenfalls um eine riesige Röhre. Hier ist die Besucherzahl begrenzt. Bei diesen Eingang stehen die Gäste an und es wird das Bandal gescannt.
Wir lassen diese Stage aus und schlendern mit wieder befüllten Bierbechern in den Händen und elektronischer Musik in den Ohren weiter.
So allein!
Auf dem Weg zur nächsten großen Bühne, kommen wir an einer Nische vorbei. Eher klein, unscheinbar. Mein Begleiter verabschiedet sich kurz und startet auf die Pissoirs zu. Ich bleib bei dem „kleinen Dj“ stehen. Er ist gut! Er steht da ganz allein und er ist wirklich gut!

Ich tanz dort a bissl ab und er grinst mich kurz einmal an. Dann gemma entleert weiter.

Am hinteren Ende des Areals befindet sich der „Heineken Starclub“. Die Musik hier ist mir ein bisschen zu einfach. Hier ist auch ganz junges Publikum zu finden. Nun, wems gefällt. Die Stimmung ist hier auch zum Niederknien.
Hier sehe ich zum ersten Mal verkleidete Gäste. Ein junger Mann springt, bereits leicht illuminiert, als Einhorn verkleidet, an uns vorbei. Ich schau ihm grinsend nach. Außerdem sehe ich einige ebenfalls männliche Exemplare im Pyjama. Na gut, das schaut vielleicht nur so aus. Aber die Shorts und die T-Shirts dazu haben das gleiche unaussprechlich hässliche Muster. Sowas hab ich noch nie gesehn. Da fällt das Einhorn ja fast nicht mehr auf. Dann kommt der Bub mit dem Horn auf dem Kopf wieder herangaloppiert und wir beschließen uns weiter umzusehen.
Ein bisschen außerhalb des Geländes finden wir noch eine weitere Bühne. Die „Hard Dance Factory“.

Die Bühne ist beeindruckend. Ein riesiger, alter Roboter schaut auf die feiernde Menge. Der Musikstil hält das, was der Name dieser Bühne verspricht. Hier gehts wirklich hart zur Sache. Wir hören ein bisschen zu, unsere Füße bleiben aber ruhig stehen und recht schnell sind wir uns einig. Wir gehen zurück zur Mainstage und zum Club Circus.
Party!!
Wir wechseln zwischen den beiden Bühnen und bleiben dann bei der Mainstage hängen. Die Stimmung, die Musik, die Leute, eine perfekte Kombination aus purer Lebensfreude! Ich habe leider die Angewohnheit mir immer zu viel zu erwarten. Hier ist es endlich einmal umgekehrt. Meine Erwartungen werden übertroffen. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Es ist unglaublich. Unglaublich bunt, fröhlich, laut,… so wunderbar laut!

Alles springt, tanzt und schreit!

Das Bier fließt in Strömen. Auch bei uns. Es schmeckt besonders gut. Durch das stundenlange Herumspringen, Schreien und Tanzen wird man ordentlich durstig.

Meine neue, alte, große Liebe (ich überlege wirklich ein Buch zu schreiben, das wird aber sicher noch ein bisschen dauern) braucht noch ein Bier. Ich nicht mehr. Ich hab eindeutig genug. Ich möchte hier nichts wegen zu viel Alkoholkonsum versäumen oder verpassen. Ich bleib bei einer stabilen, hohen, auch von der Weite sichtbaren Metallstange, an der ein riesiger Scheinwerfer montiert ist, stehen. Ich warte hier, genau hier. Ja, ist gut. Er geht und ich schau wieder Richtung Bühne.

Die Menge vor mir tobt, der Einsatz des Djs (wer es jetzt auch immer ist…ich hab den Überblick verloren) bringt die Stimmung zum Kochen. Die Bühne ist bereits seit vielen Stunden ein sich immer wieder änderndes Lichtspektakel. Die Musik ist so laut, dass man sie auch spüren kann. Ich genieße diese Show mit fast allen Sinnen. Ich tauche, hin und her wippend, in ein tranceartiges Hochgefühl ein. Ich grinse vor mich hin und schwöre mir, diese wunderbaren Momente hier nie wieder zu vergessen!
Ein junger Mann tanzt mich lächelnd an. Da fällt mir wieder ein, dass ich ja nicht allein da bin. Ja, wo issa denn? Das Standl mit dem Bier ist direkt hinter mir. Hinsehen kann ich wegen der Menschenmenge hinter mir nicht. Ich zücke mein Handy und….ja, er sucht mich. Wo ich denn hingegangen bin? Er wartet bei den Pissoirs.
Na geh, ich will gar net weg von meinem Platzerl. Die Stimmung hier ist so… ja, traumhaft. Na gut. Ich wurschtel mich durch die tanzenden Leute hinter mir und marschiere zu besagtem Treffpunkt.
Das Theater geht los
Ich finde ihn gleich, ist net schwer, er ist sehr groß. Ich starte hin und sobald er mich sieht, beginnt er mich anzuschreien. Wo ich denn hingegangen sei? Ich kann doch net weggehen!! Er hat keine Lust auf mich aufzupassen! Denn im Gegensatz zu mir kommt er hier sehr gut auch alleine zurecht! Er tobt! Ich versuche zu erklären, dass ich mich keinen Millimeter vom Platz bewegt hab. Er ignoriert mich.
Ich schau ihn nur an. „Ich möchte zurück gehen!“ Man darf hier nicht vergessen, dass es natürlich überall sehr laut ist und eine normale Kommunikation fast nicht möglich ist.
Er schnappt meine Hand und zieht mich grob zurück in Richtung Bühne. Leider beruhigt er sich nicht mehr. Wir bleiben vor einem Rudel junger, tanzender Männchen stehen und er schreit mich weiter an. Ich versuche leicht wippend meinen Trancezustand wieder zu erreichen. Es geht nicht mehr. Er schreit so laut, dass die Leute rundherum schauen. Das ist eigentlich eine Leistung, denn hier steppt lautstärkentechnisch der Bär.
Ich versuche ihn zu beruhigen. Er hat sich Sorgen gemacht, denk ich mir. Na, jetzt ist ja alles wieder gut! Er schreit weiter. Ich hätte mit dieser Aktion die gesamte Stimmung getötet! Ich merke, dass die Leute rundherum hellhörig werden. Ein paar Jungs bauen sich neben ihm auf. Er bekommt das gar nicht mit. Ok, also ein paar Retter hätte ich hier tatsächlich an meiner Seite.
Ich bin auch nicht mehr nüchtern, klar. Ich steh da und weiß nicht was ich machen soll. Bin von meinem Höhenflug brutal zum Absturz gezwungen worden. Tränen rollen mir über die Wangen. Ich steh da, wie ein kleines Mäderl.
Ich will hier nur mehr weg!
Ich beginne mich zu genieren und will hier nur mehr weg. Ich starte durch die Menge hinter mir, er mir nach. Er ist noch immer nicht fertig. Jetzt kommt das Thema mit dem Zusammenwohnen. Wir wohnen nicht zusammen, ich will es so, er nicht. Ich versuch hektisch meine Wangen wieder zu trocknen. Und während ich in meiner Fluchtreaktion Richtung Ausgang starte. Komm ich, mit ihm im Schlepptau, an dem jetzt nicht mehr einsamen Dj vorbei.
„Du kommst hier vielleicht nie wieder her! Versuche es doch wenigstens noch a bissl zu genießen“ sag ich mir. Ich bieg ab und stell mich zu den anderen, die hier bereits zu ebenfalls erfreulichen Tönen tanzen. Ich, wieder trocken im Gesicht, beginne dort meine Hüften zu schwingen. Mein Begleiter macht mit, als wäre nichts geschehen.
Und ich schwöre mir heute ein weiters Mal, nichts von dem heutigen Abend zu vergessen. Tatsächlich kann ich die Momente hier noch ein wenig genießen.
Um ein Uhr steigen wir in das Shuttle nach Salzburg. Und fallen in unserem Hotel halbtot ins Bett. Ich hab nicht mehr viel gesagt. Ich denke, da gibts auch nichts mehr zu sagen.
Gute Nacht!
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