Heute Abend treffe ich mich mit meinen Freundinnen Anna und Sandra in einer Bar außerhalb von Wien. Da Anna aus dieser Gegend kommt und sonst immer nach Wien kommt, um mit mir den Abend in einer Bar zu genießen (z.B. Fitzcarraldo), beschließen wir, uns diesmal in Klosterneuburg im „Uptown“ zu treffen. Eine weitere Freundin von mir, Sandra, kommt auch mit. Sie fährt, nimmt mich mit und um neunzehn Uhr trudeln wir drei fast gleichzeitig im „Uptown“ ein.
Das Uptown
Die Bar ist voll, der einzig freie Tisch ist unser reservierter. Die übrigen Gäste sind halb so alt wie wir (mindestens) . Die Stimmung ist gut, die Musik auch. Sie ist laut, ordentlich laut.
Vor einiger Zeit, im Sommer, hab ich mich hier mit Anna getroffen, da konnte man noch draußen, im kleinen Gastgarten, sitzen und hier bekommt man die Lautstärke der Musikuntermalung nicht so mit.
Jetzt, blinzeln wir uns alle drei ein bissl an und nehmen am Tisch direkt unter einem dröhnenden Lautsprecher Platz.
Die Kellnerin kommt. Sie reicht uns die Speise- und Getränkekarten, sie sagt etwas, ihre Lippen bewegen sich. Wir drei lächeln freundlich. Sie auch.
Sandra meint etwas zu der Karte in ihren Händen und wir schauen sie beide fragend an. Sie sagt es lauter, wir schauen noch immer. Dann schreit sie:“ ICH WEISS NICHT, WAS ICH NEHMEN SOLL.“ Aha!! So gehts. Wir müssen schreien. Wirklich laut schreien!
Wir entscheiden uns und winken der Kellnerin. Die kommt lächelnd und bewegt die Lippen. Ja, also ich will einen Aperol. Ich schrei sie an. Sie nickt und notiert. Anna nimmt einen Hugo und Sandra einen Cappuccino. Auch diese beiden Getränke werden brüllend bestellt. Die Kellnerin nickt abermals und geht.
So, also eine normale Unterhaltung wird schwierig. Wir probieren es trotzdem. Rücken nahe zusammen und schreien uns gegenseitig in die Gesichter. Frauenthemen. Wie immer genießen wir Verständnis und Trost und alle fühlen sich wohl. Langsam merke ich, wie mein Hals wund wird. Ich lasse die anderen mehr Weisheiten von sich geben.
Unsere Getränke kommen, gut so. Die Musik schwankt zwischen „Schrei nach Liebe“ von den toten Hosen. Bei dem die gesamte Bar „Arschloch!“ laut und mit Begeisterung brüllt; bis hin zu „Titanium“ von David Guetta, bei dem ebenfalls laut und mit Hingabe mitgegrölt wird. Das Repertoire des DJs, einem pickligen 17jährigen in einer Ecke des Lokales an einem Pult, ist schier unerschöpflich.
Und dann….kommt ein Mäderl zu uns an den Tisch. Prostet uns zu und meint, sie habe heute Geburtstag. Wenn sie diese Information nicht jedem in der Bar kundtut, muss sie eine Runde zahlen. Ich lach ihr laut ins Gesicht. Frag/schrei, wie alt sie denn heute geworden ist. Fünfundzwanzig. Na fein, denk ich mir schnell und leise nur für mich. Du hast alles noch vor dir, ob schlecht…oder schlechter………oder gut, natürlich (die Hoffnung stirbt zuletzt…). Wir gratulieren brüllend und das blonde, leicht errötende Mäderl geht zum nächsten Tisch.
Nachdem Limal mit seiner „Neverendig story“ verklungen ist, denn Übergänge gibt es keine ( dies ist bei dieser Mischung auch unmöglich, denke ich), hören wir „Friday“ von Riton x Nightcrawlers. Spätestens da reißt es mich kurz und mein Körper will sich zum Rhythmus bewegen.
Der Dancefloor ist eröffnet!
Hinter mir ist bereits eine kleine Fläche von Tischen und Sesseln freigeräumt worden. Das ist nun der Dancefloor. Das ländliche, jugendliche Publikum versucht hier vereinzelt seine Körper zur Musik zu bewegen. Das gelingt nur bedingt. Teilweise ist bereits zu viel Alkohol konsumiert worden um noch geschmeidige, oder erotische Bewegungen demonstrieren zu können. Außerdem fällt uns dreien doch die Art des ländlichen, adoleszenten Outfits auf.
Die jungen Damen stecken, fast ausnahmslos, leicht übergewichtig in Bluejeans und meist schwarzen Ruderleiberl, die sie in den Bund gesteckt haben. Ungeschminkt versuchen sie die jungen Dorfmänner von ihrer Willigkeit zu überzeugen. Das ist nicht schwer, denn die Männchen, alle bereits ordentlich illuminiert, teilweise mit karierten Holzhackerhemden und Schnurrbärten, sind sehr leicht zu beeindrucken. Schnell wird hier und dort stürmisch der Speichel des anderen gekostet und wild am Schritt des anderen herum gefummelt.
Wir drei haben unseren Spaß. Alleine durch die Darbietung der (Entschuldigung!!) doch sehr geilen, aber leider unerotischen Dorfjugend.
Hinter meinem Sessel steht plötzlich ein junges Mäderl, ganz in schwarz gekleidet, sie hat nur mehr ein Auge offen. Ich schau skeptisch….Ob die Gute dicht bleibt? Sie schwankt, wir drei schauen sie an, sie schaut…in eine andere Dimension, wie es scheint. Dann dreht sie sich um und bewegt sich, doch halbwegs geradlinig, in die Arme eines bereits willigen, wartenden Landmännchens.
Besprochen, oder beschrien ist für uns alles, kurz und vor allem laut. Nachdem wir unsere (sehr guten) Getränke geleert und bezahlt haben, verabschieden wir uns von der gähnenden Anna, für die, ganz offensichtlich, schon das Bettchen (auch laut) schreit.
Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut!
Wir lassen die geile Dorfjugend mit ihrer lauter Musik alleine und fahren Richtung Heimat. Während der Fahrt sind wir uns eigentlich einig, dass es ja eh schon spät ist und wir nach Hause fahren und ebenfalls ins Bett fallen wollen.
Heute Nacht gemma Gas!
Und dann…. ruft während der Fahrt Sandras Tochter an. Die Süße kenn ich seit ihrer Volksschulzeit und mittleierweile sind wir zwei doch tatsächlich Freunde geworden. So, also, die Kleine ist im „Loco“ (einer Disco in den Stadtbahnbögen). Wir „müssen“ auch hin. „Das wär mega funny!!“ meint die 20jährige enthusiastisch.
Wir zwei schauen uns an und es ist klar, diese Nacht gibt es keinen Schönheitsschlaf, keine gut einmassierte Nachtcreme, oder gar Maske. Heute Nacht gemma Gas!
Das Loco
Unterwegs lesen wir die junge Frau mit Ihren Freunden auf und parken kurz darauf ganz in der Nähe der Stadtbahnbögen. Vor der Disco stehen ein paar Leute an, es gibt wohl ein paar „Unklarheiten“, aber net mit uns. Der Türsteher, der erfreulicherweise in Sandras und meinem Alter ist, nimmt Blickkontakt mit uns auf und winkt uns durch.
So, wir sind drinnen. Es wurdlt. Zwei Schwingtüren öffnen sich vor uns. Dahinter, greifbare Lautstärke. Gefühlte eintausend herumspringende Leute. Ja, ich will da rein! Bitte!!
Mutig wagen wir uns durch besagte Türen und bleiben recht bald am Rand der ausflippenden Masse stehen. Zur Bar zu kommen ist einfach unmöglich. Plötzlich steht der Türsteher wieder vor uns. Nimmt Sekundenbruchteile Blickkontakt mit mir auf und meint, er besorgt uns was zu trinken. Wir bestellen bei ihm und er boxt sich durch die Menge.
Und dann…..erfüllt wunderbarer Techno den Raum. Ich kann mich nicht mehr halten. Mein Körper bewegt sich von allein. Ich steh hinter Sandra, die leicht im Rhythmus hin und her wippt. Für mich bei diesem musikalischen Hochgenuss zu wenig.
Keine Kontrolle!
Mein Körper macht was er will. Ich kann den Takt spüren, durch und durch. Es erinnert mich an das Elf. Die vielen jungen Gäste springen wild herum und auch ich kann meine Bewegungen eigentlich nicht mehr wirklich kontrollieren, meine Muskeln machen was sie wollen. Es ist wie ein Zwang in Trance. Oh mein Gott, wer braucht Drogen? Ich brauch nur Musik…und a bissl Alkohol!
Ahja, da kommt der Türsteher mit unserer Bestellung. Brav issa! Er schaut wieder, ich schau zurück. Meine Locken hängen bereits wild in mein Gesicht, das gerade ein verrückt, glückliches Grinsen trägt. Ich kann doch tatsächlich in den emotional unberührten, kühlen Augen unseres „Durstlöschers“ ein freundliches Glitzern erkennen. Sandra zahlt. Ich kann net, mich reißts von links nach rechts.
Cheers!!
Wir stoßen an und lachen laut. Die Stimmung ist ein Wahnsinn! Ich kann grad noch das Glas an einem an einer Seite des Tanzraumes befestigten Bretterls abstellen, bevor es mich wieder packt.
Auf einmal ergreifen mich, wie es scheint, erfahrene, Hände von hinten. „Du tanzt ja göttlich!“ schreit mir ein dunkelhäutiger, zirka zwanzigjähriger Bub ins Ohr. Süß ist er. Ich will ihn sofort fragen, was er so spät noch unterwegs macht, beiß mir aber auf meine mütterliche Zunge und grins ihn an. Er kommt wieder, meint er und verschwindet in der Menschenmenge.
Nur Dicke oder Alte
Sandra grinst mich an. Sie informiert mich schreiend, oder eher brüllend, dass sie dachte, die jungen Männer stehen nur auf wirklich dicke, oder doch ältere Damen. Ich überlege kurz meine Freundschaft zu kündigen, belasse es aber dabei, ihr meine Zunge zu zeigen.
Der DJ hat wohl eine Rüge bekommen. Plötzlich erklingen mir doch eher unangenehme, deutschsprachige Rapptöne. Na gut, Zeit für mein Trankal. Ich widme mich meinem – nona – Aperol. Die Menge springt wie verrückt auf und ab und singt dazu, dass sie arbeitslos und unmotiviert ist. Nun gut, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Gott sei Dank.
Lass mal schauen!
Sandra zeigt mir in Gesten, dass sie rauchen gehen will und ich schließe mich ihr nickend an. Unsere ganze Gruppe, ist bereits um sicher weitere fünf Freunde der Tochter angewachsen. Alle wollen wir raus. Im Pulk bewegen wir uns Richtung Gastgarten. Natürlich werde ich wieder von einem Türsteher aufgehalten und grinsend gefilzt. „Was soll ich denn mithaben?“ frag ich das glatzköpfige Männchen um die vierzig. Er meint nur, nachdem er seine Hände wohl überall an mir hatte, „Sicher ist sicher“. Ich lach laut. Er auch.
So, also ab nach draußen. Wir stehen im Kreis, die Zigaretten der anderen glimmen immer wieder rot auf. Ich rauche nicht, schon lange nicht mehr. Etwas, was mir so gar nicht abgeht. Allerdings ziehe ich gerne die Rauchschwaden durch meine Nase ein und genieße den Geruch.
Busen, oder Hintern?
Und dann… kommen auf einmal vier Jungs daher und fragen Sandra und mich um Rat. Es geht um die wohl weltbewegendste Frage: Was Männer wohl mehr anspricht. Die Brüste einer Frau, oder ihr Hintern. Sandra lacht laut und schaut die Buben an. Sie ist sehr weiblich geformt, hat einen wirklich schönen, für mich, riesengroßen Busen und meint, dass es wohl doch die Brüste wären, zumindest bei ihren männlichen Bekanntschaften.
Die jungen Männchen drücken ein bisschen, fast ängstlich, herum. Sie informieren uns dann, dass sie auch bereits drinnen eine Rundfrage gestartet haben und doch der Hintern gewonnen hat. Ich reiß die rechte Faust in die Luft und schrei „JAWOLL!“ Denn bei mir gilt, eine Hand voll muss reichen. Ich grins Sandra an und nicke mit halbgeöffneten Augen wissend. Jetzt ist sie mit Zunge zeigen dran. Wir lachen. Die Stimmung ist großartig.
Wieder im Gewurdl spielt der DJ von Queen ihre berühmte „Bohemian rhapsody“ dazu legt er einen Bass den sogar Paul Kalkbrenner erblassen lassen würde auf. Ich erinnere mich an die Sofiensäle und muss grinsen. Tja, Mörderbass passt nun mal net überall dazu. Aber nun gut.
Während ich diesmal doch eher verhalten meine Hüften schwinge und jetzt Sandra völlig unkontrolliert ausflippt, drückt uns ein Bub zwei Getränke in die Hände. Wir zwei seien so cool, das muss honoriert werden, brüllt er. Er stößt mit uns an und grinst freundlich. Wir grinsen zurück und freuen uns über unsere frischen Tequila Sunrise.
Denk an damals!!
Ganz kurz denk ich an ein Erlebnis, das bereits einige Monate zurück liegt. Damals wurden mir in mein kurz unbeaufsichtigtes Getränk K.O.-Tropfen gegeben. Ausgenockt war ich dadurch Gott sei Dank nicht. Der nächste Tag war allerdings die Hölle. Ich konnte mich nicht auf den Beinen halten und habe giftgrüne Flüssigkeit erbrochen.
No risk, no fun!
Ich mach einen weiteren Schluck, es schmeckt gut. Ich glaub an das Gute im Menschen und nuckle, jetzt wieder, entspannt an meinem Getränk.
Die Musik wird für mich wieder besser. Ich flipp wieder aus. Dann kommt noch mal mein interessierter, dunkelhäutiger Bub vorbei. Diesmal ist er ein bisschen handgreiflicher. Tanzt mit mir eng und ich spür, dass es ihm Spaß macht, ignoriere aber die jugendliche Geilheit und er verschwindet mit einem: „Ich komm wieder!“ (wie auch immer das gemeint war…)
Und dann…. kommt noch so ein kleiner, junger Mann daher und meint, nachdem ich ihn zirka fünfmal mit „WAS??“ angebrüllt hab zu mir, dass er meine Gegenwart hier sehr erfrischend findet. Ich den Altersdurchschnitt doch ein wenig hebe. Ich lächle freundlich und schreie ihm unverblümt ins Gesicht, dass er sich seiner harten Exkremente entledigen soll. Nein, so hat er das nicht gemeint! Ich sei so schön und er will jetzt mit mir tanzen und dann… Ich schau den kleinen, doch ziemlich alkoholisierten Buben an. Er hängt bereits mit einem Arm um meinen Hals und drückt mir ein Kinderbussi auf die Wange.
Es gibt sie noch….die gentlemen!
Der Tequila Sunrise-Spender greift gekonnt ein. Drängt sich zwischen mich und mein bereits schon sehr heißes Anhängsel. Er tanzt mit mir, greift mich allerdings nicht an. Ich grins. Was für eine nette Geste. Der andere geht.
Und dann gehen wir auch bald. Es wird Zeit, es ist (OMG!!) halb vier.
Was für eine verrückte Nacht! Der Plan war, ein nettes Treffen mit Freundinnen. Ein entspanntes Gespräch mit ein, oder zwei Trankal. Stattdessen fürchte ich nun um meine zukünftige Stimmgewalt. (Meiner Leber kann ich vertrauen, die hält das aus …. die ist cool). Der Geruch meiner Kleidung ähnelt jetzt doch eher die eines Schwerarbeiters und die fehlende Gesichtsmaske wird sich spätestens morgen optisch brutal bemerkbar machen.
Ich grins. Ja, so solls sein. Was für ein Spaß! Die besten Abende ergeben sich, wenn man sie nicht plant.
Gute (späte) Nacht.
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