Zwei Wochen später versuche ich es nochmal und reserviere erneut einen Tisch für zwei um 19 Uhr im Birdyard.

Diesmal begleitet mich Anna, sie freut sich bereits riesig auf unseren gemeinsamen Abend. Nun, ich mich auch, meine Euphorie ist allerdings noch vom letzten Mal ein bisschen gebremst und ich erwarte mir (Nein! Nein!! Tu es nicht schon wieder!!!) einen besonders schönen und gelungenen Abend inmitten der bunten Federpracht.

Gemeinsam machen wir uns mit den Öffis auf den Weg und kommen pünktlich vor dem bereits beschriebenen Bistro zum Stehen. Anna schaut, ich grins. Ja, hier sind wir richtig.

Die Bar ist unten!

Die Holzbänke stehen fast alle leer. Zielstrebig marschieren wir daran vorbei, zu den Treppen, die uns zur geheimnisvollen Spiegelwand führen. Ein Servicemann kommt uns entgegen, schaut mich an und meint: „Die Bar ist unten.“ – Ich hätte in diesem Moment wohl tausend Antworten parat, meine ist jedoch „Oh, ich weiß, danke.“ Ich werfe sie ihm zynisch, aber doch halbwegs freundlich entgegen und er verschwindet wieder aus unserem Leben.

Die Garderobenstange neben der Spiegelwand ist leer und verkündet, dass hier sicher keine Haftung auf wärmende Straßenkleidung übernommen wird. Wir hängen trotzdem unsere Jacken her und hoffen auf das Beste.

Danach…

… öffnen wir die verspiegelte Geheimtüre

und stehen im nächsten Moment mitten in einem knallbunten,

etwas düsteren, von leuchtenden Vögeln besiedelten Dschungel.

Es ist leise Hintergrundmusik zu hören

und ich empfinde es hier sofort als recht kühl, was so gar nicht zur Optik passt.

Only english please!

Die Bar ist völlig leer, nur ein junger Mann vom Service kommt ein bisschen zögerlich auf uns zu. Bevor ich Luft holen und ihm meine Reservierung kund tun kann, meint er, dass er nur Englisch spricht. Aha, na dann, ich habe damit kein Problem, finde es allerdings ein bisschen merkwürdig mich mitten in Wien auf Englisch zu unterhalten.

Tja, der Bub findet meine Reservierung nicht, er blättert in einem recht dicken Kalender hin und her, schaut auf, fragt mehrmals nach meinem Namen, den er auch nach einigen Versuchen nicht wiederholen kann und starrt hilflos auf die mit Hand vollgeschriebene Seiten.

Nach einiger Zeit kommt ein weiterer junger Mann, er spricht Deutsch und versucht zu helfen. Ja, ich hätte mit ihm telefoniert. Er hätte unseren Tisch allerdings erst für nächsten Samstag reserviert. Ich schau ihn ungläubig an. Nun, es war dieser Samstag gemeint und wir wollen jetzt einen Tisch für zwei.

Es wird kalt und immer kälter…

Die Stimmung kühlt, wie die Temperatur hier, sekündlich immer mehr ab. Die Bar ist leer, wie die Blicke der beiden jungen Männer vor uns. Dann erbarmt sich einer und bietet uns einen Tisch mitten im Lokal an. Na, dann…danke sehr…

Schnell stehen auf unserem Tisch zwei mit Wasser gefüllte Gläser, dazu bekommen wir zwei Willkommens-Shots.

Sie schmecken gut und entspannen, während wir versuchen, uns in Büchlein, die die Getränkekarten darstellen zurecht zu finden.

Vogerl über Vogerl

Jede Doppelseite widmet sich einem Cocktail. Links wird ein Vogel dargestellt, rechts das namensgleiche Getränk. Ein wiederum neues Bubengesicht kommt nach kurzer Zeit zu uns um unsere Bestellungen aufzunehmen. Wir sind ein bisschen überfordert und ich lasse mir von ihm einen süßen Cocktail empfehlen. Anna bestellt sich selbstbewusst einen Wellensittich und der Bub zischt ab.

Die Preise sind gehoben, allerdings nicht mehr ungewohnt. Wir bewegen uns hier von dreizehn Euro aufwärts. Hinter der Bar versucht der Barkeeper seinen Shaker cool und routiniert zu schütteln, es wirkt aber leider sehr eckig und unsicher. Anna schaut ihm zu und lacht laut auf, während ich mich noch immer an die hier herrschenden Temperatur zu gewöhnen versuche.

Ich trage heute einen Hauch von schwarzem Tüll als Body, er ist schulterfrei und ein wirklich schönes Stück von Guess, dazu eine beige Stoffhose. Ich beginne meine Wahl allerdings bereits zu bereuen und immer wieder schau ich sehnsüchtig auf meinen warmen, schwarzen Schal, den ich in meine Handtasche gestopft und nicht draußen habe hängen lassen.

Ein saures Vogerl!

Und dann…

… kommen unsere Getränke. Zwei schmucklose, unspektakuläre, relativ kleine Gefäße

und vorsichtig kosten wir. Meines, mit Namen „Arabesque“, schmeckt gut und süß.

Ich breche hier jetzt nicht vor Entzückung schreiend nieder, aber ich brumme ein zufriedenes „Mhm“ und mach noch einen Schluck. „Phu!“ macht stattdessen Anna und lässt mich bei ihrem Getränk kosten. Ohja, Phu! Es ist herb und sauer. Schnell trink ich von meinem nach und versuche ein Schaudern zu unterdrücken.

Wir zwei haben uns lange nicht gesehen und haben doch einiges zu bequatschen, Wir lachen, plaudern und nippen an unseren Gläsern und sogar Annas Glas leert sich recht flott.

Nun, ihr wisst ja bereits alle, dass ich Cocktails mag, und wenn sie schön dekoriert sind, mag ich sie noch lieber. Ich steh auf diese Molekular-Wunder, die mir rauchend, leuchtend, oder schwebend ein glückliches Grinsen ins Gesicht zaubern und ich euch dann außerdem tolle Bilder davon zeigen kann.

Was? Patzig im Service??

Deswegen frage ich bei unserer nächsten Bestellung einen Kellner, ob sie denn auch optisch spektakulärere Cocktails hätten, da ich einen Blog über Bars schreibe und tolles Material abliefern will. Vielleicht etwas rauchendes?

Er richtet sich brüskiert auf und meint recht laut zu mir: „Unsere Cocktails rauchen nicht, sie blinken nicht, sie spielen keine Musik und schlagen keinen Salto!“ – „Na, dann, möchte ich einen „Red Crown“.“ antworte ich kühl und vorbereitet zurück und wundere mich doch sehr über dieses Verhalten. Der junge Mann hat keine Ahnung wer ich bin, ich hätte ja auch jemand wichtiges (ja, bin ich sowieso, danke….ja, … ihr seid´s lieb!!) von einer namhaften Zeitung sein können. Er hätte sich somit schnell und mit jugendlicher Geistlosigkeit sein Grab schaufeln können.

Anna schaut genauso überrascht und versucht wieder etwas neues. Langsam füllt sich die Bar und dadurch wird es endlich etwas wärmer. Die Musik wird etwas lauter und der Barkeeper reißt seinen Shaker krampfhaft hin und her.

Schön, aber leider…

Ich suche die Toilette auf und erkenne tatsächlich nur zwei Damenkabinen für das Bistro und die Bar. Davor, optisch ein Highlight, befindet sich ein großes Waschbecken für beide (oder alle) Geschlechter.

Drei verchromte, glänzende Wasserhähne warten nur auf die Handreinigung nach der Erleichterung. Es funktioniert allerdings nur einer. Das Wasser daraus ist eisig kalt, womit meine Körpertemperatur noch weiter in den Keller sinkt.

Auf unserem Tisch, den ich natürlich mit erhobenem Haupt und eingezogenem Bauch wieder erreiche, stehen bereits unsere Getränke. Wieder schmuck- und lieblos. Diesmal gebe ich ein „Phu!“ von mir, obwohl dieser Cocktail dem ersten optisch gleicht.

Danach geht Anna kurz raus und kommt schnaufend und quietschend zurück, „Es ist so kalt! Alles!“, meint sie. Doch dies hält uns trotzdem nicht auf, weitere Cocktails auszuprobieren. Anna kommt so richtig in Fahrt und ich überlasse ihr die Auswahl der Getränke und deren Bestellung.

Es kommt nicht wirklich was Anbetungswürdiges daher, aber mit dem Alkoholpegel steigt wohl auch die Genügsamkeit.

Hin und wieder fragt der patzige Kellner ausgesucht höflich, ob bei uns alles in Ordnung sei. Manchmal nicke ich nur kühl, oder ich schau durch ihn hindurch. Patzig?! Kann ich auch!

Die Bar ist mittlerweile fast voll und die Musik so laut, dass man sich anschreien muss. Die Tracks sind relativ hart und ich finde, dass auch hier Verbesserungsbedarf herrscht.

Trotzdem genießen wir die gemeinsame Zeit und beschließen dann jedoch (oh mein Gott! es ist bereits halb eins!) nach Hause aufzubrechen. Wir teilen uns die doch beachtliche Rechnung und wackeln lachend und ein bisschen unsicher zur Garderobe, an der zum Glück noch immer unsere Jacken auf uns warten.

Wir packen uns gut ein und da um diese Zeit die Öffis nur mehr in längeren Intervallen fahren, stöckeln wir – ja, natürlich haben wir beide hohe Schuhe an – Richtung heimwärts.

Wir schreiten wild aus, damit uns endlich wieder warm wird, dabei lachen und kudern wir laut und die Nussdorfer Straße ist gar nicht so lang, wie ich dachte…

Mein Resümee: Das Birdyard lebt von seiner Optik. Das Service, die Getränke (denn die Preise lassen Besseres und Schöneres erwarten), der Wohlfühlfaktor und der Gesamteindruck sind ausbaufähig. Nochmal? Eher nicht, da kenne ich weit bessere Lokale, in denen man um den gleichen Preis wesentlich gemütlicher abfeiern kann.

Am Gürtel erwischen wir tatsächlich noch schreiend und patschert laufend einen Bus in dem schön warm eingeheizt ist und der uns bis fast vor die Haustüren bringt.

Gute Nacht.


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