Heute besuche ich mit meiner neuen, charmanten Bekanntschaft den „Art Club“. Es werden eine einzigartige Location, House Music (mag ich), verrückte Leute (mag ich), Wein (mag ich), Longdrinks (mag ich auch), Flaschen (wie auch immer man das verstehen soll) versprochen.

Dieses Event dort wird von Freunden meiner Begleitung organisiert und betreut. Na, ich bin gespannt was mich dort erwartet. Sicherheitshalber haben wir uns dort ein Zimmer genommen und so können wir nicht nur die Musik, sondern auch den einen oder anderen Longdrink genießen.

Das Outfit

Bereits seit Tagen beschäftigt mich mein abendliches Outfit. Bauchfrei? Mit Fransen, oder Glitzer? Oder doch ein Kleid? Ich möchte dort tanzen, mit Kleid ist das immer eine ein bissl gehemmte Gschicht.

Der Ort unserer abendlichen Begierde ist nicht im heimatlichen Wien, hier würde ich sicher gewagter auftreten. Ich entscheide mich für eine beige, enge Hose, eine schwarze Bluse, die, wenn ich die Arme hebe, meinen nackten Bauch zeigt und schwarze Overkneestiefel. Mein gestylter Begleiter trägt eine schwarze Jean und ein dunkles Hemd. Ja, so passt das gut. Ich bin zufrieden.

Los gehts!

Mein Weekender ist mit frischen Sachen für den nächsten Tag und natürlich meinem prall gefüllten Kulturbeutel gepackt, ich bin soweit.

Bereits beim Hinfahren hören (beziehungsweise spüren) wir den einen oder anderen EDM-, oder Technotrack ziemlich…. ok, sehr laut. Wenige Dezibel mehr, denk ich mir, und uns fliegt wohl die Frontscheibe raus. Ich lache und blicke dann cool zu meinem grinsenden Chauffeur. Das ist alles? Er zieht die rechte Augenbraue hoch und dreht noch ein bissl lauter. Ich beginne am Beifahrersitz zu shaken. Die Scheibe hält und unsere Trommelfelle auch. Wir sind überdreht, gut gelaunt und freuen uns auf den bevorstehenden Abend.

Unsere Fahrt dauert nicht lange, wir parken uns ein und betreten den „Art Club“. Bereits im kühlen Eingangsbereich stehen einige bunte, bequeme Stühle und Fauteuils. Jedes Sitzmöbel sieht anders aus. Ein hoher Arbeitstisch, die Platte ist sicher 10 Zentimeter dick, dient, wunderbar „art“-gerecht ins Bild passend, für diverse, dezente Dekoration.

Des Künstlers Gefühl ist sein Gesetz!

Man sieht hier förmlich in jeder Ecke eine Künstlerseele schalten und walten. Kein Wunder, denn diese Räume sind Eigentum eines Künstlers. (Auch der Name des Etablissements weist ja darauf hin.) Sie werden für gewisse Veranstaltungen gemietet. Ich folge staunend meinem zielsicheren Begleiter, der bereits schon öfter hier war und weiß wohin wir gehören, nämlich in den oberen Stock.

Auch hier oben ist die Einrichtung extravagant. Hier werde ich den Bekannten und Freunden meines erfreuten Begleiters vorgestellt. Ich werde freundlich begrüßt und neugierig gemustert. Schnell zeigt man uns unser Zimmer, danach muss unser Empfangskomitee wieder los. Die Vorbereitungen laufen anscheinend auf Hochtouren. Bald kommen die Gäste, da sollte alles an Ort und Stelle sein, sollte alles funktionieren.

Das Zimmer

Ein kleiner Raum, der von einem klappbaren Doppelbett beherrscht wird. An einer Wand eine Kletterwand (sofort hab ich den Turnsaalgeruch in der Nase und höre den Schrei: „Jede Sprosse nehmen! Jede Sprosse…!!“) das Ding steht hier nur angelehnt herum, ist also für wirklich nichts zu gebrauchen, auch nicht zum Klettern. An der Wand gegenüber dem Bett sind einige schwarzweiße Fotodrucke von nackten Frauen zu sehen. Die Posen erinnern an die wilden 70er Jahre, dazu passt die Bettwäsche aus getigertem Polyester. Ich kann nicht aufhören zu grinsen.

Es ist sehr kalt hier drinnen, es hat geschätzte 12 Grad. Mein verunsicherter Begleiter schraubt bereits verbissen am Thermostat der Heizung unter dem kleinen Fenster herum. WC und Dusche sind nebenan. Ich grins noch immer und bin sehr froh, keine verwöhnte Göre zu sein. Ich beobachte meinen etwas aus der Fassung geratenen Begleiter, der wiederum mich ansieht und versucht meine Reaktion einzuschätzen. Ich lach ihn an und meine, dass wir viel tanzen müssen, damit uns warm wird. Sein skeptischer Blick ist unbezahlbar und ich frage mich, ob ich jemals wieder zu grinsen aufhören kann.

Let’s party!

Dann gehen wir einen kurzen Gang entlang und befinden uns gleich darauf mitten im Geschehen. Also, geschehen, tut im Moment noch nichts. Wir sind früh da und gehören wohl zu den ersten Gästen. Das stört mich gar nicht, so kann ich in Ruhe den großen Partyraum mit den zwei Bars und der Bühne mit Mischpult für die DJs betrachten. Auch hier stehen gepolsterte Stühle um einige Tischchen herum. Die meisten sind bereits reserviert. Die Decke überrascht mit unzähligen, quadratischen, unterschiedlich langen, senkrecht montierten Holzstaffeln.

Wir schnappen uns zwei Barhocker und lassen uns an der Bar nieder. Dahinter steht Angie.

Sie mustert mich und fragt : „Und…? Du kommst aus Wien?“. Mein „Ja!“, löst bei ihr ein erfreutes Quietschen aus. Sie komme auch aus Wien (ein Seufzen unterstreicht ihre Info), sie sei aber der Liebe wegen hier her gezogen. Ich schüttle missbilligend leicht meinen Kopf. Ihrer nickt leicht dazu. Sie nennt uns beide wissend und grinsend die „Hautevolee“. Und wir sind bereits jetzt im Geiste verbunden.

Ich helfe mit dem seitlichen Verschluss ihrer sehr coolen Lederhose und schlage ihr vor, ihre Bluse, die einen Carmen-Ausschnitt hat, dementsprechend sexy zu tragen und zieh sie ihr ungefragt über die Schultern. Sie lacht, ich auch. Wir sind uns auf Anhieb sympathisch.

Am Mischpult steht ein bärtiges Männchen, Angies Partner, und verwöhnt mit Lounge-Music. Mag ich. Mein bereits wieder etwas entspannter, aufmerksamer Begleiter hat natürlich bereits (er beginnt mich langsam zu kennen) einen Aperol vor mich gestellt. Ich grins ihn dankbar an. Er grinst zurück.

Kommt ihr Leute, kommt herbei!

Immer mehr Gäste trudeln ein und ich bemerke wohlwollend, viele sind bereits (wie wir) jenseits der 39. Der Aperol schmeckt und schnellstens wird für mich ein neuer organisiert.

Die Lounge-Music wechselt in tanzbare EDM. Angie winkt mir und flitzt auf die sich bereits füllende Tanzfläche vor der Mischpultbühne. Ich renn ihr nach und wir Mädels bewegen uns geschmeidig zu den erfreulichen Takten. Dann muss sie wieder hinter die Bar. Ich zupfe ihre Bluse zurecht und gehe mit ihr zurück.

Der Raum füllt sich. Ich bemerke die Outfits. Vom roten Seidenminikleid bis hin zu Jeans und Hoodie ist alles vertreten. Ich quatsch und lache mit meinem Gintonic-trinkenden Begleiter. Die Stimmung ist gut. Immer wieder lerne ich neue Bekannte, oder Freunde meines Begleiters kennen. Alle sind sie freundlich und gut drauf.

Tanz mit mir!

Da wir noch immer unsere Plätze an der Bar haben, lehnen sich immer wieder durstige Gäste, neben, zwischen, über, (grad nicht unter) uns zur Bar, um zu bestellen. Eine Dunkelhaarige (fix auch über 39) bestellt sich ein Getränk und jammert, dass keiner mit ihr tanzen geht. Bei der guten Musik fast ein Verbrechen! Ich biete ihr grinsend an, mit ihr zu gehen, sie soll mich hier abholen. Sie freut sich und meint, dass sie das später sicher macht. Ich grins (immer noch), bin allerdings skeptisch, aber willig.

Mein Begleiter tanzt nicht. Das bremst meinen Bewegungsdrang allerdings nicht. Und als Angie wieder winkt, ich ihr die Bluse zurecht ziehe und wir wieder auf den Dancefloor marschieren, hab ich das Gefühl bereits dazu zu gehören.

Das ist er!! ……Wer??

Kurz nach meiner Rückkehr gibt es einen kleinen Tumult beim Eingang. Ein doch etwas älterer Herr taucht mit seiner Entourage auf und wird von allen herzlichst begrüßt. „Wer ist das denn?“ frag ich meinen ebenfalls grüßenden Begleiter. „Was?…Den kennst du nicht?!“ meint er nur und lacht. „Na, du wirst gleich schaun!“.

Ich schau…

Und dann….schau ich wirklich. Der ältere Herr geht Richtung Mischpult, stellt sich dahinter und gibt akustisch Gas. Mir klappt der Mund auf und mein über meine Überraschung erfreuter Bekannter lacht laut.

DJ Joro (Jawoll!)

DJ Joro, alias Josef Rogner, ein DJ aus Wien. (Sorry, ich kannte ihn bis jetzt nicht) um die 50, hat in letzter Zeit ordentlich an Gewicht verloren, deswegen wohl das Aussehen eines älteren Mannes.

Joro legt auf und mixt, da bleibt kein Auge trocken. Die Menge tobt, der halbe Saal ist am Floor. Da kommt die Dunkle wieder und nimmt mich auf ein Tänzchen mit. Wir wissen wie es geht und lassen es krachen. Haben einen Riesenspaß und der Josef weiß auch wie es geht….ohja!

Irgendwann verabschiedet sich meine Tanzpartnerin wieder. Ich bleibe hier. Es ist einfach zu gut. Die Angie gesellt sich zu mir und wir shaken, als gäbe es kein Morgen.

Natürlich werden auf zwei ausflippende, ausgelassene, lachende und tanzende Blondinen die umstehenden Männchen aufmerksam. Alleine müsste hier wohl niemand nach Hause gehen. Ich suche mit meinem ernst dreinblickendem Begleiter Blickkontakt.

Lächle und zwinkere ihm zu. Er muss sich wohl noch an seine auffällige, laute, große, blondgelockte Begleitung gewöhnen. Ich flirte für mein Leben gern, bin aber eine treue Seele. Das werde ich ihm noch beweisen und dann wird er wissen wie loyal seine Begleiterin ist und wird sich entspannt und cool damit arrangieren.

Wir shaken und schwitzen, zwischendurch drückt mir Angie einen Spritzer in der Flasche in die Hand. Wir stoßen tanzend an, lachen und haben eine Riesenspaß.

Aus is….

Und dann….. wird DJ Joro abgelöst und die Gesamtsituation normalisiert sich wieder.

Die Musik ist weiterhin gut, erreicht allerdings diese Höhenflüge nicht mehr.

Um 3 Uhr Früh ist das offizielle Ende der Party. Mein noch immer nicht schwitzender Begleiter holt mich vom Floor ab und wir gehen in unser Zimmer. Ich hüpfe quietschend (es ist arschkalt!) aus meinen schweißnassen Sachen. Bekomme rasch von ihm ein frisches T-Shirt, in das ich rasch reinschlüpfe, angeboten.

Unter der getigerten Plastikdecke wirds dann rasch wärmer. Ich kuschle mich an meinen ebenfalls noch leicht frierenden Begleiter.

Ein Lichtstrahl fällt durchs Fenster und beleuchtet die Nackten an der Wand.

Ich schließe meine müden Augen und zu den unterdrückten Klängen eines selbsternannten DJs aus dem Partyraum schlafe ich in wärmenden Armen, noch immer grinsend, ein.


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