Heute besuche ich mit meiner neuen, alten, großen Liebe (dazu schreib ich einmal ein eigenes Buch) das Belvedere. Ich habe mir vor einiger Zeit die Jahreskarte für diverse Besuche in den Museen im Oberen Belvedere, also dem Schloss, dem Unteren Belvedere und dem Belvedere 21 zugelegt. Mit ihr kann mich eine beliebige weitere Person gratis begleiten.

Ich freue mich schon, hab wirklich null Ahnung von Kunst, möchte mich hiermit informieren und mir ein bisschen mehr Überblick verschaffen.

Wir fahren mit den Öffis hin, ein bissl eine Weltreise ist es ja schon bis in den 3. Bezirk. Dann sind wir endlich da und betreten den wunderschönen Schlossgarten, eine barocke Parkanlage. Der Hauptgarten liegt zwischen Oberem und Unterem Belvedere und erstreckt sich über drei große Terrassen.

Wir entdecken eine lange Schlage von Besuchern, die sich bei einer schmalen Türe mit der Aufschrift „Tickets“ anstellt. Dieses zweifelhafte Vergnügen lassen wir grinsend aus und starten gleich zielstrebig in Richtung Schloss.

Das Schloss wurde zwischen 1714 und 1723 für Prinz Eugen von Savoyen erbaut. Die beiden Schlossbauten beherbergen heute eine der wertvollsten Kunstsammlungen Österreichs. Am 15.5.1955 wurde im Oberen Belvedere der Österreichische Staatsvertrag unterzeichnet. Zur Info.

Wir betreten das prachtvolle Barockschloss, stellen uns kurz beim Kontrollieren der Tickets an und….werden, nachdem meine Karte eingescannt wurde, freundlich weitergebeten. Ich grins und freu mich. Ja, so hab ich mir das vorgestellt.

Gustav, Egon und Oskar

Es sind einige Besucher anwesend, es entsteht aber kein Gedränge und wir tauchen in die Kunstwelt von Gustav Klimt, Egon Schiele oder Oskar Kokoschka ein. Viele der Bilder sind eindrucksvoll. Bei manchen muss ich stehen bleiben, sie bewirken etwas in mir, sprechen mich an. „Kunst lässt die Seele schwingen“ hab ich einmal wo gelesen. Vielleicht stimmt das ja. Andere Werke nehme ich kaum wahr.

Zwischen den Ausstellungsräumen kann man durch die unzähligen Fenster die traumhafte Gartenanlage bewundern, nicht umsonst heißt „Belvedere“ ja „Schöne Aussicht“. Viele Bilder, hauptsächlich von Klimt, habe ich bereits schon einmal gesehen, nicht so hautnah natürlich. Ich mag den „Kuss“. Er hält zärtlich ihren Kopf und sie genießt sichtbar seinen Kuss auf ihre rechte Wange. Ich seufz und grins und schaue mich suchend nach meinem Begleiter um. Doch der ist schon weiter gegangen. Na, gut.

Sakrale Schreckgespenster

Dann betreten wir eine Abteilung mit Kirchenkunst. Hier sind auch geschnitzte Holzaltäre zu bewundern. Tausende geschnitzte Gestalten tummeln sich dicht gedrängt über einen klappbaren sehr alten Altar. Ein wahres Kunstwerk. In den darauf folgenden Räumen betrachten wir etliche Gemälde diverser kirchlicher Darstellungen. Viele sind grauslich, blutrünstig und angsteinflößend. Damit konnte man das ungebildete Volk von damals sicher gut kontrollieren und im Zaum halten. Ganz hinten ist ein weiterer Holzaltar ausgestellt. Darauf sind Wesen aus den schlimmsten Albträumen zu sehen. Ganz oben erkenne ich einen Menschenkopf mit einer Art Helm. Er blickt nach rechts. Er wirkt so realistisch, dass ich den Eindruck habe, er könnte sich jederzeit in meine Richtung drehen. Ich spüre Gänsehaut aufsteigen. Dreh mich um und entferne mich schnell. Ich erkenne das alte Gefühl, wenn man als Kind im Keller das Licht abdreht und noch die Treppen hinauf muss. Ich bin beeindruckt, möchte aber dann doch gehen und meine neue, alte, große Liebe (das Buch, ich weiß…) stimmt mir zu und wir verlassen diese Ausstellung mit gemischten Gefühlen.

Wo sind die Gärtner?

Wir schlendern („lustwandeln“ würde hier wohl besser passen) durch den wunderschönen Garten. Meiner neuen, alten, großen Liebe (dazu gibts bald ein Buch, in einigen Wochen, Monaten, oder so…) fällt die Abwesenheit notwendiger Gärtner auf. Die Hecken sind schon vor einiger Zeit das letzte Mal geschnitten worden und aus den Kiesflächen zwischen den Blumenbeeten wächst Gras. Das wär mir gar nicht aufgefallen, aber er hat Recht. Wir marschieren weiter, die Sonne scheint und wärmt herrlich. Ich fühl mich sehr wohl, trotz leichter Pflegemängel der Gartenanlage. Der Kies auf den Wegen knirscht unter meinen Schuhen, ich habe nach reiflicher Überlegung keine hochhackigen Sandalen, sondern flache Schlüpfer an. Schon jetzt bin ich froh über diese Entscheidung. Und dann… sind wir auch schon beim Unteren Belvedere angekommen. Hier gibt es die „Viva-Venezia“-Ausstellung.

Meine Freundin Hannah wollte sie sich so gerne ansehen, sie ist Italien- und natürlich Venedig-Fan. Wie es halt so oft ist, wenig Zeit; keinen, der auf das noch junge Kind aufpasst. Wieder bin ich über meine Unabhängigkeit unbeschreiblich glücklich. Mein Kind ist so gut wie erwachsen. Meine Zeit gehört wieder mir. Ich grins. Ja, ich werde Fotos für Hannah machen.

Viva la vita!

Meine Karte wird gescannt und rein mit uns. Wir werden von wunderschön gemalten Segelschiffen auf ruhiger See begrüßt. Fast kann man das Meer riechen.

Danach folgen die bekannten Ansichten Venedigs. Der Markusplatz, der Campanile, die Seufzerbrücke und das Leben des venezianischen Volkes.

Es sind eindrucksvolle Bilder. Man muss sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass sie gemalt wurden und es sich nicht um Fotos handelt.

Wir verlassen diese und stoßen zufällig auf die Dali-Freud-Ausstellung. Ich wusste, dass sie sehr gefragt und dieser der letzte Ausstellungstag ist. Meine Freundin Sabine, sie hat Kunst studiert, wollte diese Ausstellung unbedingt besuchen. Auch hier wieder das Zeit-Kind-Problem. Ok, ich werde auch hier einige Fotos für die Zuhausegebliebene machen.

Sichtbare Außergewöhnlichkeit

Die Karte, ja danke. Und wir sind auch schon dabei, mitten drin in einer völlig anderen Welt. Gut, mitten drin im Wahnsinn. Die verstörenden, fragwürdigen Bilder von Dali wurden von Freud zerlegt und analysiert. Die beiden haben sich gesucht und gefunden. Zwei, wenn ich so sagen darf, doch sehr außergewöhnliche Persönlichkeiten. Hier bemerke ich mein Unverständnis, oder mein Unwissen die Kunst betreffend. Hier haben sich, meiner Meinung nach, zwei Verrückte getroffen.

Schönheit liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters. Ich fotografiere für Sabine und schlendere an den teils doch sehr düsteren Abbildungen von für mich Undefinierbarem vorbei. Meine neue, alte, große Liebe (Ich habe das Buch noch nicht vergessen, wenn ihr mich allerdings erinnern wollt, keine Scheu!) zeigt auf ein Bild. Es ist ein in grau, grün und braun gehaltenes Kunstwerk auf dem ein Hinkelstein mit gelben Fetzerl zu sehen ist. Aus dem unteren Ende des Steins läuft Wasser, wie aus einer Quelle. Aha, naja. (Ich stelle mir Obelix vor, der den undichten Stein abgestellt hat und schnell das Weite sucht.) Die Information neben dem Bild belehrt, dass es sich um ein Phallussymbol handelt. Aha, naja.

Ich geh weiter. Für mich wirds nicht besser. Mein Begleiter kommt bald nach und wir verlassen dann doch recht rasch diese Ausstellung. Draußen ist es heiß und sonnig. Wir sind heute schon brav marschiert. Jetzt ein Bierchen? Wir grinsen, oh, ja!!

Ein kühles Bier? Oh ja!

Beim „Stöckl im Park“ herrscht Hochbetrieb, doch wir ergattern noch einen Tisch und sitzen bald unter einem Sonnenschirm, jeder mit einem kühlen Bier. Neben uns liegt ein kleiner Teich in dem ein Graureiher herum stolziert. Dahinter erkenne ich einige Stuhlreihen. Ich blicke direkt ins „Theater im Park“. Es hat geschlossen.

Nachdem wir bezahlt und das Restaurant verlassen haben, gehen wir am Eingang des Theaters vorbei. Ich lasse mir ein Programm von einer dort stehenden, einsamen und dann sehr erfreuten Studentin geben. Jö! Kabarett! Das mag ich, meistens zumindest.

In den Öffis auf dem Weg nach Hause lasse ich mir nochmals die unzähligen Eindrücke dieses Tages durch den Kopf gehen.

Ja, ich mag Klimt.

Die Venedig-Ausstellung hat mich an meine bereits häufigen Besuche dieser Stadt erinnert. Hat mich durch die engen, kleinen Gässchen schlendern lassen und mir den typischen Geruch vermittelt.

Die sakralen Gemälde und Kunstwerke haben mit Schauer über den Rücken gejagt. Faszinierend wars allemal. Wer gruselt sich manchmal nicht gern a bissl?

Dali und Freud, nun, für wissende Kunstliebhaber sicher ein Erlebnis. Für mich nicht. Für mich wars außer verrückt, nur verrückt. Ich denke wieder an den flüchtenden Obelix und muss grinsen.

Das „Theater im Park“ will ich heuer unbedingt noch besuchen. Mir schwebt der „Sommernachtstraum“ (jaja, schon wieder Kultur) mit einem gewissen Michael Niavarani vor.

Und natürlich bin ich auf die nächsten Highlights in den wunderschönen Ausstellungsräumen des Belvedere neugierig. Na, schauma. Ich werde berichten.


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