Seit einiger Zeit besuche ich regelmäßig einen neu eröffneten Beauty Palace ganz in meiner Nähe. Er wird von zwei jungen, blonden, äußerst reizenden Schwestern geführt. Beide könnten meine Töchter sein, aber darauf will ich jetzt wirklich nicht näher eingehen.
Ich war wohl eine der ersten Besucherinnen im Palast, habe von den Eröffnungspreisen profitiert und da ich mich eben doch regelmäßig bei den jungen Damen verschönern lasse, Stammkundenpreise.
Ich habe heute wieder Termine. Zuerst bei der einen und dann bei der anderen Schwester.
Los, macht mich schön!
Nach einer sehr kurzen Autofahrt, zu Fuß wäre es dann doch zu weit, trudle ich im nagelneuen, modernen, sehr gemütlichen Palast ein. Ich werde mit lauter, moderner Musik (teilweise „Deep House“, welche auch sehr gut zu einer Strandbar passen würde) und einem fröhlichen „Hallo, Sonja! Möchtest du etwas trinken, einen Kaffee vielleicht?“, begrüßt. Ich grins und lehne dankend ab.

Mein erster Termin ist eine Wimpernverlängerung. Ich weiß bereits aus Erfahrung, das kann dauern. Man sollte vor diesem Unterfangen so wenig wie möglich zu sich nehmen. Man liegt bei dieser Behandlung mindestens (ich habe bereits auch zwei-ein-viertel Stunden erlebt) eine Stunde regungslos auf dem Rücken. Regungslos, wirklich regungslos. Müsste man zu diesem Zeitpunkt auf die Toilette, könnte das sehr unangenehm werden. Denn die Augen sollte man dabei nicht öffnen. Ein Ausscheiden diverser Abfallprodukte ist somit so gut wie fast unmöglich. Ich werde danach etwas trinken.
Der hinterste Raum ist für die Wimpernbehandlung und ich starte zielsicher durch. Er ist sehr gemütlich mit einer kleinen Couch, einem kleinen Tischchen, einem großen Spiegel und gegenüber mit einem Behandlungsbett mit Kuscheldecke ausgestattet.
Ich mache es mir gemütlich. Nehme mir meine Kontaktlinsen heraus, den Behälter hab ich natürlich mit (wie gesagt, es ist nicht meine erste Behandlung), setze mich auf die Couch und warte kurz auf Melissa. Sie kommt nach ein paar Minuten zu mir, grinst mich freundlich an und bereitet bereits alle möglichen Pinzetten, Wattepads, Küchenrollenstücke, Augenpads und was weiß ich noch alles vor.
Ich ziehe mir meine Schuhe aus und mach es mir auf dem Behandlungstisch gemütlich. Ich schnapp mir die Decke und pack mich damit ein. Es ist schon ein Weilchen her, doch von meiner Ausbildung als Masseurin weiß ich, man kühlt bei absoluter Unbeweglichkeit unerwartet schnell aus.
Und dann…. gehts los. Zwei extrem helle Lampen werden aufgedreht und leuchten mir ins Gesicht, es erinnert an einen heißen Sommerurlaubstag am Strand (vergesst die Musik nicht, sie passt herrlich zu diesem Eindruck), an dem die Sonne sogar durch die geschlossenen Lider zu sehen ist. Ich höre hinter mir ein Klopfen und Schütteln. Ein Hin und Her und das metallische Klimpern der Pinzetten.
Dann muss ich die Augen nochmal öffnen. Ich schaue direkt in die Sonne. Meine Wimpern am Unterlid werden mit einem Plättchen abgedeckt. Ein Prozedere, das ich überhaupt nicht leiden kann. Danach muss ich die Augen wieder schließen, gar net so einfach mit einem Plättchen im Weg. Es stört, drückt, sticht und ich habe immer das Gefühl, dass ich meine Augen mit dieser Platte nicht mehr richtig schließen kann.
Egal! Schönheit muss leiden.
Jetzt beginnt Melissa am rechten Auge meine Wimpern mit unechten Verlängerungen zu bekleben. Eine nach der anderen. Sie hat eine Engelsgeduld. Denn meine Augen tränen, immer….blöd, ich weiß, ich kanns net ändern. Außerdem hab ich jedes Mal am Anfang der Behandlung Mühe, meine Lider ruhig zu halten. Mit den Platten unter den Wimpern und der extremen, elektrischen Sonne im Gesicht gar nicht so einfach. Irgendwann, so nach ein paar Minuten, bin ich soweit, meine Entspannung bis in die Lider zu bringen. Und endlich ist alles an mir ruhig.
Es gab Behandlungen bei denen ich eingenickt bin. Kaum zu glauben, da die starre Haltung und das ständige, leichte Brennen des Wimpernklebers, das durch den Lidschlitz bei den Plättchen dringt, nicht unbedingt zur Tiefenentspannung anregen. Blöd, wenn man dann aber aufschreckt.
Sie ist ein Profi!
Melissa ist bereits einiges gewöhnt, nicht nur von mir, möchte ich hier ernsthaft bemerken. Sie ist ein Profi. Tränende, unruhige Lider, beziehungsweise einnickende und dann aufschreckende Kunden sind wohl ihr Alltag.
Wenn sie spricht, dann leise. Im Hintergrund die Urlaubsmusik und langsam spüre ich, wie ihre Hände an meinem rechten Auge entlangwandern und sie wohl schon immer mehr Verlängerungen angebracht hat. Ihre Hände sind warm und ruhig. Sie weiß, was sie tut.
Dann wendet sie sich meiner anderen Gesichtshälfte zu und beginnt geduldig mein anderes Auge zu verschönern.
Deep House liebkost meine Ohren und Melissas Hände meine Augen. Ich fühl mich wohl. Bin entspannt. Hin und wieder geht die Tür am anderen Ende des Lokals auf und ich kann leise Eda, Melissas Schwester und die Nageldesignerin des Palastes, hören, wie sie Auskünfte gibt, oder neue Termine vereinbart.
Multitasking ist gefragt
Manchmal beginnt auch Melissa, die gerade wieder eine neue Wimper an mir befestigt, leise zu sprechen. Anfangs dachte ich, sie spricht mit mir. Doch rasch hab ich die Lage durchschaut, sie telefoniert. Macht ebenfalls Kundentermine aus, während ihre Hände weiterhin ruhig an meinen Augen arbeiten.

Dann sind alle Wimpern befestigt, die Lampen werden abgedreht und die Plättchen entfernt. Ich darf mich aufrichten, mit Mühe und Not verkneife ich mir ein lautes Stöhnen. Mein Rhomboideus major (nun, meine Lieben….ich bin Masseurin), also der Muskel neben dem Schulterblatt, meldet sich äußerst schmerzhaft, nachdem er in der letzten halben Stunde versucht hat, mir krampfhaft das Leben schwer zu machen. Ich bewege mich leise, tupfe meine tränenden Augen und verlasse meine Liege.
Weiter gehts!
Nachdem ich mir wieder meine Kontaktlinsen eingesetzt und mich über meine vollen, äußerst attraktiven Wimpernkränze gefreut hab. Marschiere ich zu Edas Arbeitstisch und lasse mir dort meine Hände verschönern.
Jetzt was trinken? Ja, bitte ein Wasser.
Und jetzt die Nägel
Und die andere liebreizende Schwester legt los. Es wird gefeilt und mit der Nagelfräse gearbeitet. Es staubt wie verrückt. Der Arbeitstisch hat so eine Art elektrischen Abzug eingebaut, somit wird der schlimmste Staub und Schmutz schnellstmöglich weg gesaugt und so bekommt Eda, tief über meine Nägel gebeugt, noch recht gut Luft.
Es ist ebenfalls eine Arbeit, die ungeduldige Menschen nicht ausüben sollten. Sie feilt zirka eine dreiviertel Stunde, bevor irgendetwas anderes geschieht. Es staubt und Eda versucht dem ganzen mit einem großen Pinsel etwas Herr zu werden. Sie macht das großartig.
Und dann…. kommt das Gel. Es wird in Häufchen auf die Nägel aufgetragen, gleichmäßig verteilt und mit UV-Licht gehärtet. Finger für Finger, Nagel für Nagel wird genauestens überzogen und dann gehärtet. Und dann… man glaubt es kaum, wird wieder gefeilt. Als Laie hat man das Gefühl, die Nageldesignerin feilt das gesamte, bereits gehärtete Gel wieder weg.
Sooooo schön!!
Die Nägel nehmen die gewünschte Form an und werden mit der vorher besprochenen Farbe lackiert. Auch diese muss wieder unter dem UV-Licht aushärten. Es ist eine Prozedur. Doch diese Nägel halten jetzt so gut wie alles aus.

Ich arbeite seit ein paar Monaten bei einem Juwelier, das bedeutet unter anderem: Ketterl auf, Ketterl zu, Ohrstecker auf, Ohrstecker zu, Schmuckputzen bis der Arzt kommt (das auch mit recht scharfen Flüssigkeiten), natürlich den Geschäftsraum äußerst sauber und adäquat zu halten. Meine Finger werden beansprucht. Diese Nägel halten es aus!
Hilfe!!
Ist doch mal Not am Mann, oder in diesem Fall, Not an der weiblichen Hand, wird schnellstmöglich ein Termin gefunden, um das Problem zu lösen.
Die Oase!
Kurzum, ich habe meine Oase der Schönheit und Entspannung gefunden. Die beiden jungen Damen wissen was sie tun und tun dies nach bestem Wissen und Gewissen. Sie sind immer freundlich und zuvorkommend, haben immer ein Lächeln im Gesicht und wissen, wie man mit Kundschaft umgeht.
Es gibt sogar Sonne!!
Bei meinem nächsten Besuch werde ich das Mega-Solarium im Palast ausprobieren. Ich freu mich schon auf meine private Sonne.
Und ich freu mich auf Melissa und Eda.
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