Es ist heiß, ich hab Zeit und treffe mich mit Sabine und ihrer Tochter im „Strandbad Alte Donau“. Die beiden sind seit dem Morgen dort, ich komme nach und da es der selbe Weg wie zu den Afrikatagen ist, ein Heimspiel.
Nach der U-Bahn noch ein bissl mit einem Bus, diesmal bin ich froh, dass in Wien noch immer Maskenpflicht in den Öffis herrscht, denn sehr viele der Fahrgäste glauben tatsächlich dass ihr Deo, wie versprochen, 48 Stunden hält. An dieser Stelle möchte ich höflich mitteilen, nun, das tut es nicht.
Es geht los!
Dann steh ich vor dem Eingang und nachdem ich eine Tageskarte für 6,20 Euro bezahlt hab, betrete ich eine fröhliche, bunte und laute Welt, in der es nach Sonnencreme, Chlor- und Donauwasser und nach Pommes riecht.
Ich weiß, wo ich meine beiden Damen finden kann und marschiere zielsicher an dem vordersten Gewurdl vorbei. Schnell finde ich sie und ein erfreutes „Soso!“, lässt mich laut auflachen.
Schnell hab ich mich häuslich eingerichtet. Habe eine Picknickdecke dabei, auf der liegt mein Badetuch. Den (heißen, goldfarbenen) Bikini hab ich bereits an und schnell mach ich es mir auf meinem Platzerl gemütlich und creme mich ein.
Direkt neben mir steht Sabines kleine Strandmuschel, mit Handtüchern ausgelegt. Auch davor liegen Tücher in der Wiese. Daneben steht das Wagerl, vollbepackt mit Schwimmzeug und großen Taschen, in denen weiß Gott was alles drin ist. Grinsend erinnere ich mich an meine Zeit, als ich mit Kleinkind unterwegs war. Man war auf alles vorbereitet. Auf den großen Hunger der Brut, auf diverse Unfälle, die eine frische Kleidung verlangen, Schutz für Kind und Kegel bei Wetterumschwüngen. Und sowieso aufs Ende der Welt.
Heute kommen noch zwei Freunde von Sabines Töcherlein, mit elterlichem Anhang. Doch zuerst wird noch eine Kleinigkeit gegessen. Sabine hat Trauben, geschnittenes Obst und Gemüse , Reiswaffel, Brote und vieles mehr mit. Die Tuppergschirrln türmen sich neben meinem Handtuch. Natürlich werde ich eingeladen. Nein, danke, Süße, ich hab wirklich keinen Hunger.
Die Kleine isst ein bisschen, und dann wird alles wieder weggepackt. Da kommt eine kleine Freundin mit Vater daher. Hallo, hallo! Sie haben ebenfalls ein kleines Zelt mit. Dieses ist schnell aufgebaut und man macht es sich in unserem Umkreis gemütlich.
Bei uns tut sich was, denn der dritte Freund, ein kleiner Bub mit Mama, taucht ebenfalls rasch danach bei uns auf. Hallo, hallo! Auch hier wird es sich in der Wiese gemütlich gemacht. Und die drei haben sich fast auf einen großen Liegeplatz zusammengelegt. Mir solls recht sein. Ich liege ein bisschen abseits in der brütend heißen Sonne und beobachte.
Wer will, wer mag?
Alle drei Parteien packen ihre Plastikgdoserln aus. Wieder wird Obst, Gemüse, Reiswaffeln, Brot, Wurst, Käse, diverse Säfte und Kekse gegenseitig angeboten. Die Kekse glutenfrei und ohne Zucker…ich nehme an, auch ohne Geschmack, werden durch die Runde gereicht.
Ich leg mich auf meinem Badetuch zurück, lasse die drei Kinder und deren Eltern über alles was in dieser Zeit wichtig ist fachsimpeln und stelle mir einen schönen Mann vor, der mich ausgiebig mit Sonnencreme einschmiert. Mir wird heiß und immer heißer, es liegt wohl auch an der prallen Sonne. (Ich liebe das!) Die Familienrunde sitzt im Schatten.
Veilchen? Wirklich?
Ich brauch was zu trinken! Schnapp mir mein Geldbörserl und geh zu einem 20 Meter entfernten Kiosk. Ui! Hier gibt es einen Veilchenspritzer. Den probier ich aus. Er wird mir von einer freundlichen Dame meines Alters gemischt und sie freut sich über meine Verwunderung, die sich beim ersten Schluck auf mein Gesicht zaubert. Das Getränk ist herrlich!! Ich komm sicher bald wieder, verabschiede ich mich von ihr und sie lacht.
Meine Rückkehr wird kaum realisiert, denn die Dosen mit dem Obst werden bereits von geschätzten einhundert Wespen bevölkert. Die drei Großen sind dementsprechend nervös. Ich mache einen großen Schluck von meinem Veilchen und versuche mir den schönen Mann wieder herzudenken.
Nur kurz spüre ich imaginär maskuline Hände auf meinen Schenkeln, dann heißt es, schwimmen gehen! Ja, ich bin dabei! Ich leere meinen Becher mit dem stillen Versprechen mir bald einen neuen zu holen und springe freudig auf. Ab in die Donau!
Alles mit der Ruhe!
Doch die Schwimmflügel müssen erst mal gesucht werden. Danach bedarf es der Überredungskunst der Großen, diese auch anzulegen. Auch müssen die Kleinen noch eingeschmiert werden. Das wollen sie alle nicht und es herrscht ein unruhiges Hin und Her. Einer will noch einen Keks! Jetzt, dringend! Was? Einen Keks ohne Geschmack? denk ich mir. Es herrscht ein allgemeiner Tumult und ich gehe, mich freundlich fürs Erste verabschiedend, voraus.
Ich hab meinen goldglänzenden Bikini an und ein kleines Spitzerl vom schnellen Veilchen. Entspannt, doch mit eingezogenem Bauch flaniere ich divengleich Richtung Donau, ziehe mir kurz vor dem Wasser meine (natürlich!) goldenen Flipflops aus und stapfe ins lauwarme Wasser. Es riecht nach Algen, Wasser, nach Donau halt. Ich mag das sehr. Mir ist wirklich heiß und ich bewege mich über die erste Bojenlinie ins „Tiefe“. Dort lasse ich mich ins Wasser gleiten.
Oh! Wie angenehm!
Ich lege mich ins Wasser und lasse meine Haare nass werden. Kurz vergesse ich alles rund herum. Lass mich treiben und genieße die Abkühlung.
Nach einer Weile seh ich die sechs heranwatscheln. Sie winken. Ich winke zurück und bewege mich wieder ins seichte Wasser zurück.
Beim Einstieg ist es so seicht, dass man im kleinen, für mich erträglichen, Kies sitzen kann. Wir Großen sitzen nun im flachen Wasser, die Sonne brennt gnadenlos herab,(So wie ich es will, nebenbei bemerkt.) und die Kleinen versuchen mit ihren Schauferln unsere Beine mit Kies zuzuschütten.
Seeungeheuer! (oder Donauungeheuer)
Direkt hinter uns ist ein Steg und von dem werden Brotstücke ins Wasser geworfen. Ich bin die einzige von unserer Runde, die so sitzt, dass ich erkennen kann, was dies auslöst. Riesige Fische (Vielleicht Welse?) beginnen um die Stücke zu kämpfen. Ich habe keine genaue Ahnung, um welche Art von Fisch es sich hier handelt. Ich staune allerdings über die Größe und Wildheit. Die anderen folgen meinem Blick und bald darauf gehen wir (vielleicht auch deshalb) wieder zu unserem Liegeplatz zurück.
Alle, auch ich, ziehen sich trockene Sachen an. Dann wird die Kleine von Sabine quengelig und braucht ein Schläfchen. Sabine legt sich mit ihr in die Strandmuschel, versucht das Kind zu beruhigen und zum Schlafen zu bringen. Das geht leider nicht so einfach. Die kleine brüllt. Die Strandmuschel bebt. Auch die anderen probieren die Kleinen ins Land der Träume zu schicken. Das geht wesentlich leiser und entspannter vor sich.
So, ich hol mir jetzt mal meinen mir selbst versprochenen Veilchenspritzer. Ich zieh los und die Dame am Kiosk winkt mir bereits beim Herankommen und fängt schon an zu mischen. Diesmal gleich einen großen Becher, bitte. Ja, das hat sie sich eh gedacht. Wir lachen beide und ich schau mir genau den Sirup an, den sie dem gewöhnlichen Spritzer beimengt und der dem ganzen diesen Geschmackszauber verleiht. Ich zahle, bedanke mich und gehe wieder zurück.
Das Gebrüll ist noch lauter geworden. Die arme Sabine versucht mit „sch….sch….“ die Kleine zu beruhigen. Sie hat keine Chance. Nach einigen unendlichen Minuten robbt meine Freundin völlig aufgelöst aus dem Zelt. Ich drücke ihr wortlos meinen Spritzer in die Hand und hole meine, immer zur Hand habenden, Baldriandragees aus meinem Rucksack.
Wortlos, zitternd und verschwitzt stürzt sie den halben Spritzer mit dem Dragee, das ich ihr hinreiche, hinunter. Die Kleine ist ruhig. Kurz.
Hier wird doch nicht gedealt, also bitte!
Ein Vater, er liegt mit seiner kleinen Tochter nur ein paar Quadratzentimeter von uns entfernt, schaut neugierig zu uns herüber und meint, dass er auch gern sowas hätte. Was das ist und ob ich noch was hab. Ich muss lachen und bringe die enttäuschende Mitteilung, dass es sich hier nur um Baldrian handelt. Er rümpft sein, ja, doch sehr hübsches Näschen, und legt sich wieder auf sein Badetuch.
Die kleine ist wieder wach und kommt aus dem kleinen Zelt, als hätte sie sich ausgiebig erholt. So und jetzt braucht sie ein Eis, tut sie laut und fordernd kund. Dieses Reizwort löst in Sekundenbruchteilen bei den anderen kleinen Menschen einen Wandertrieb zum Kiosk aus. Die Großen schnappen noch schnell ihre Portemonnaies und jagen der Brut hinterher. Ich ziehe mir mein Netzkleid an und folge den anderen Sekunden später.
Die Sitzgelegenheiten vor dem Restaurant und dem anschließenden Kiosk muten sehr mediterran an. Hier wurde mit viel Liebe und sicher nicht wenig Geld eine Oase der Entspannung geschaffen. Ich fühle mich sofort sehr wohl.

Wir Großen gönnen uns einen wunderschönen, herrlichen Eiskaffee, die Kleinen bekommen jeder ein Jolly. Ja, so könnte es immer sein, denke ich und erkenne den gleichen Gedankengang auf den Gesichtern der anderen neben mir.

Das gibts doch nicht!
Die Wespen sind sehr lästig, sie krabbeln doch tatsächlich auf dem mit Eis verschmierten Gesicht der kleinen Freundin herum. Die Kleine bleibt völlig ruhig und auch ihr Vater sieht dem Treiben der Natur im Gesicht seiner kleinen Tochter teilnahmslos zu. Während die beiden anderen Mütter panisch versuchen, den unaufgeregten Vater auf das nahende Unheil aufmerksam zu machen, kümmere ich mich um meinen Kaffee und beobachte erstaunt und mit Gänsehaut, dass die stechenden Tiere bereits über die Lippen des Mädchens krabbeln und dieses dabei lächelt. Endlich steht der Herr Papa auf um das eisverschmierte Kind zu reinigen. Wir sind mittlerweile auch fertig und marschieren geschlossen wieder zu unserem Platz.
Die Kleinen wollen noch ins Babybecken und ich setze mich erfreut daneben auf ein Bankerl in der Sonne. Ich genieße das rege Treiben rund um mich und die heißen Strahlen auf mir.

Wieder wird mir bewusst, wieviel Einsatz, Aufmerksamkeit, Hingabe, Geduld und Liebe man für sein Kind aufbringt. Wie gerne man es macht und wie selbstverständlich es ist. Und man sich dessen erst bewusst wird, wenn das Kind groß genug ist und man nicht mehr derart gebraucht wird. Ich bin sehr froh über meine wiedergewonnene Freiheit und weiß, dass all die Eltern hier mit ihren kleinen Kindern irgendwann genauso empfinden werden wie ich.
Haltet durch, ihr Lieben und irgendwann werdet ihr euch selbst wiederfinden!
Dann heißt es Zusammenpacken und ab nach Hause. Ich schließe mich der Gruppe natürlich an. Bin kurz über die Unfähigkeit des Vaters beim Strandmuschelzusammenlegen (ja, ich gebe zu, das ist nicht immer so einfach wie es aussieht, aber so….kanns net gehn….) überrascht, helfe aber nicht. Am Schluss steckt er das Ding irgendwie, noch immer viel zu groß, in das Kinderwagerl.
Wir verlassen das Bad und jeder geht seiner Wege.
Ich grins. Schön wars. Lustig wars. Laut und nass wars. Köstlich und heiß wars. Ein perfekter Tag, bis auf den fehlenden, schönen Mann, der bis zum Schluss nicht aufgetaucht ist und mich hätte einschmieren sollen.
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