Wir sitzen bereits am frühen Vormittag wieder im Auto und sind auf dem Weg zum nächsten Punkt der verbindenden Vergangenheit. Diesmal ist es eine Kirche vor der wir vor 25 Jahren gesessen sind und uns gegenseitig fotografiert haben. Ich kann mich noch daran erinnern, dass sie an einer Straße gestanden hat. Wir haben damals das Mofa am Straßenrand abgestellt und den weiteren Weg, sitzend auf einer kleinen gemauerten Bank, auf einer Landkarte (jaja, damals, liebe Kinder, gabs Karten aus Papier nach denen man sich orientieren konnte) gesucht hatten.

Die Kirche ist gar net so weit weg. Relativ rasch sind wir dort. Sie liegt nun an einer recht stark befahrenen Kreuzung mit breiten Straßen. Das Bankerl ist schon ein bisschen versunken und die Kirche schaut auch recht mitgenommen aus. Doch es ist die richtige, da sind wir uns ganz sicher.

Wir parken das Auto dahinter und setzen uns, abwechselnd fotografierend und filmend, auf das jetzt schon sehr niedrige Bankerl.

Die Insassen der Autos, die vorbeifahren, schauen neugierig, was wir da machen. Doch mittlerweile sind wir solche Blicke gewöhnt und sie stören nicht einmal mehr. Es dauert nicht lange und wir haben die Aufnahmen, die wir wollen und uns so vorgestellt haben.

Der Leuchtturm

Unser nächstes Ziel ist der Akrotiri Leuchtturm. Wir finden dort schnell einen Parkplatz und marschieren einen schmalen Weg zwischen den Klippen und Felsen zu einem schönen, großen Leuchtturm. Natürlich sind wir dort nicht allein. Die Aussicht ist atemberaubend, es weht ein angenehmes Lüfterl und die Stimmung hier ist wieder fast zum Greifen gut.

Ich beobachte eine Pärchen. Sie rekelt sich auf einem Felsvorsprung und er filmt, oder fotografiert. Sie sieht verdammt gut aus und hat ein schönes Kleid an, mit dem der Wind spielt. Jö!! Das will ich auch. Ich habe nur Short und ein T-Shirt an, doch mein schwarzer Hut macht zumindest a bissl a Lady aus mir. Die Felsschönheit hat ihre Schuhe ausgezogen und sie hinter sich gestellt. Kluge Aktion! So sieht die Sache natürlich noch besser aus! Das mach ich auch.

Die beiden lassen sich Zeit. Auch sie werden von den Besuchern, die auch hier neugierig schauen, beobachtet. Sie lassen sich nicht stören und probieren immer neue Posen. Dann sind sie fertig und wir sind dran.

Oh mein Gott!

Unwegsames Gelände stört mich nicht. Recht schnell bin ich, bevor sich jemand anders auf dem Felsen niederlässt, vor Ort. Na Servas! Der ist ganz schön hoch. Ich lass mich dankbar nieder, ziehe meine Schuhe aus und beginne zu posieren. Meine neue, alte, große Liebe (dazu hab ich ein Buch versprochen? Wirklich?) fotografiert und filmt.

Weit unter mir fahren winzige Boote vorbei. Ich weiß nicht wie hoch ich hier wirklich bin, aber es macht mich doch ein bissl zittrig. Der Fels auf dem ich sitze und entspannt auf Sommerschönheit mache, hängt ein bissl über. Das heißt, unter mir ist net wirklich viel…

„Steh mal auf!“ ruft mir mein Kameramann zu. WAS?? Na gut, ich probiers. Ich weiß, dass mir einige Touristen gerade zusehen. Der Wind streicht durch mein Haar. Langsam richte ich mich auf. Was tut man nicht alles für ein gutes Foto, oder ein Stückchen Film.

Der Wind zerrt an mir. Unter mir, kilometerweit nix. Ich versuche weder nach unten, noch nach oben zu schauen. Starre steif in die Ferne. Zugleich kommt mir die Erinnerung an Unfälle, die für ein tolles Foto, oder Selfie passiert sind. Manche Leute stürzen sich dafür wortwörtlich in den Tod.

Ich merke ein Taubwerden meiner Arme und Beine und auch meine Atmung funktioniert nicht mehr so, wie sie soll. So steh ich da, keine Ahnung, wie meine Haltung gerade aussieht. Mehr kann ich nicht bieten. Mehr geht wirklich nicht! Langsam hebe ich meine rechte Hand als Zeichen für „so und aus jetzt“ und geh in Zeitlupe in die Knie. Ich schnappe mir meine Sandalen und krieche rückwärts wie ein verängstigtes Tier vom Felsen.

Dann beruhige ich mich bald wieder und setze mich erschöpft auf einen andern, nicht so weit vorgelagerten Felsen, von denen es mehr als genug rund um den Leuchtturm gibt. Meine neue, alte, große Liebe (das Buch, jaja) ist bereits unterwegs und kraxelt schon wieder filmend irgendwo herum. Ich werde hier wohl länger sitzen und auf ihn warten. Ich bin geduldig und sowas stört mich eigentlich nicht wirklich.

Ich beobachte ein weiteres Pärchen, auch die beiden wollen so ein tolles Foto machen. Sie haben uns wohl auch beobachtet und sie posiert ebenfalls auf dem Felsen sitzend. Er meint dann, sie solle ebenfalls aufstehen. Sie sieht ihn entgeistert an, zeigt ihm den Vogel und ruft zurück „No way!“.

Ich bin stolz

Sie traut sich nicht aufstehen. Ich lächle wissend und spüre gerade eine Welle des Stolzes über mich rollen. Das tut gut. Dann ist dieses Gefühl wieder vorbei, denn meine langsam wieder spürbaren, kribbelnden Beine machen mich auf meinen höchstwahrscheinlich traumatischen Schockzustand aufmerksam. Das war Wahnsinn, du bist ja verrückt! Tadle ich mich wieder. Aber ich muss grinsen, ja….sorry, ich bin a bissl verrückt.

Nachdem mein Kameramann wieder aufgetaucht ist, gehen wir in der nächsten Taverne etwas trinken. Hinter verglasten Scheiben blicken wir weit hinunter aufs Meer und auf ein eindrucksvolles, kleines Tal im felsigen, kargen Gestein. Dieser Einschnitt fasziniert meine neue, alte, große Liebe (…ich weiß. Ja!), er möchte diesen kleinen Canyon entlangwandern oder klettern. Am besten gleich. Jetzt!

Meine Motivation hält sich in Grenzen. Natürlich sieht dieser Einschnitt sehr schön aus. Aber ich denke, mit diesem Blick von hier oben habe ich bereits alles gesehen. Wir fahren weiter, denn wir haben andere Pläne.

On the road again…

Weiter gehts zum Kamari Beach, auch dort wollen wir ein Foto, von vor dem Millenium, nachstellen. Die Strecke dorthin führt uns über eine staubige, mit Schlaglöchern übersähte Piste. Sofort hab ich wieder mein Bild…flatterndes Haar, Staubwolken hinterlassendes cooles Fahrzeug, vor mir. Naja, vielleicht könnten wir ja ansatzweise so was in diese Richtung aufnehmen. Ich teile das meinem konzentrierten Chauffeur mit und während der noch nickt, nehme ich die weitere Fahrt bereits mit anderen Augen wahr und suche eine passende Stelle.

Da, oder jetzt? Hier?

Gar net so leicht, da wir wiedermal nicht alleine unterwegs sind, selbst hier, am gefühlten Ende der Welt. Immer wieder kommen uns, hinter sich Staubfahnen herziehend, Fahrzeuge entgegen. Es sind viele Quarts unterwegs. Die Gesichter der Fahrer meist mit freudigem, leicht irren Grinsen. Die Soziusse (meist weiblich) mit vor Angst weit aufgerissenen Augen, sich verzweifelt am Vordermann festhaltend. Manche sehe ich auch mit einer Staubschicht im Gesicht Dreck ausspuckend.

Naja, ok. Ich hätte mir so einen Ausflug unter solchen Umständen ja auch anders vorgestellt…Ich nehme die irren Männchen und dreckigen Weibchen zu Kenntnis und konzentriere mich wieder auf die Straße. Vor uns tut sich nachdem sich die Staubwolken der entgegengekommenen Fahrzeuge verzogen haben, eine Bucht auf. Ich kann blaues Meer sehen.

Kurz darauf parken wir ein und schnappen unsere Badesachen. Auch hier waren wir vor doch einigen Wochen und meine neue, alte, große Liebe (…was?…also, ich hab noch nie von einem Buch gesprochen…) startet aufgeregt in Richtung Strand.

Rechts von uns befindet sich eine gemütlich aussehende Bar, oder Taverne.

Wir biegen links ab. Der Strand ist mit großen und kleineren Steinen übersäht und ich bin sehr froh meine Flip Flops zu tragen.

Meine Nervenenden dürften sehr dicht an meiner Fußsohle liegen, ich bin sehr empfindlich, kann kaum bloßfüßig gehen. Ich habe es mehrmals versucht, die anderen können das ja auch. Anfangs mach ich ja noch einen halbwegs guten Eindruck, doch ein paar Schritte mehr und ich bleibe stocksteif stehen, kann nicht mehr nach vor oder zurück. Es geht einfach nicht. Wenn ich es doch versuche, muss ich auf alle Viere runter. Das zerstört natürlich das Bild der Bikinischönheit. Es waren viele demütigende und entwürdigende Erfahrungen und Einblicke dabei, glaubt mir. Mit Flip Flops kann ich recht gut die Stranddiva bleiben.

Wir sind so gut wie alleine, es sind noch keine Menschen am Strand, es ist Anfang Juni. Natürlich könnte man schon ins Wasser, doch es weht auch ein bisschen Wind und hier ist es gar nicht so heiß um sich dringend abkühlen zu müssen. Meine neue, alte, große Liebe (..aso, dieses Buch, hm….könnte dauern) zieht sich die Badehose an und marschiert ins Wasser. Selbst er tut sich a bissl schwer mit dem Gehen.

Ich versuche wieder mit dem Handy in der Hand seine alte Pose in eine neue, aktuelle zu verwandeln, und filme und fotografiere.

Danach geht er ganz ins Wasser und ich suche mir einen größeren Stein, setz mich wieder drauf und warte auf meinen Meeresgott, der recht bald und wieder sehr wackelig aus den Fluten kommt. Meine neue, alte, große Liebe (…ein Buch. Wirklich?) zieht sich trockene Sachen an und wir marschieren wieder zurück zum Auto.

Alleine das Reinsetzen raubt einem den Atem, die Sitze glühen. Wir fahren los und ich lass mein Fenster herunter (mit Kurbel) und genieße den Fahrtwind, der mir aber recht bald eine Staubschicht auf die Sonnenbrille und ins Gesicht zaubert.

Es gibt einen Plan

Wir haben einen Videoplan. Ein Handy filmt das Auto von vorne die Straße entlangkommen, ein anderes von hinten, wie wir, eben Staubwolken hinterherziehend, die Piste weiterfahren. Diese Aufnahmen sollten recht knapp am vorbeifahrenden Wagen erfolgen.

Endlich ist die richtige Stelle gefunden. Wir parken am Straßenrand und beginnen mit dem Aufbau. Zwei Stative sind ja mit, die benötigten Handys auch. Eines sieht in die eine Richtung, das andere in die entgegengesetzte. Dazwischen liegt das pelzige, kleine Mikro. Ein Haufen elektronischen Wunderwerkes in Staub und Kies, knapp am Straßenrand. Dann starten wir die Aufnahmen und steigen in unseren roten kleinen Flitzer.

Wir wenden und lassen unsere Goldstücke alleine zurück. Ein komisches Gefühl, macht sich bei mir breit, es sind ja doch auch andere Touristen unterwegs und die würden ebenfalls knapp an unserem Aufbau vorbeifahren. Ein Stückchen weiter drehen wir wieder um und müssen noch ein anderes Fahrzeug abwarten, dann gehts los.

Und Äktschn!

Ich hänge lässig die rechte Hand aus dem Fenster und meine neue, alte, große Liebe (ja, irgendwann, das Buch, ja, irgendwann) beschleunigt den Renault. Wir zischen an unseren, Gott sei Dank unversehrten, wartenden Geräten vorbei und fahren weiter zur nächsten Kurve, außer Sicht des zweiten Handys. Dann wenden wir wieder, fahren zurück und halten bei unserer Filmausrüstung.

Sie sieht traurig aus. Über und über mit Staub bedeckt. Wir beenden die Aufnahmen und säubern die Geräte so gut es geht. Das staubige Mikro sieht aus wie eine tote, kleine Maus. Zärtlich versuche ich es mit Pusten und Klopfen wieder halbwegs sauber zu bekommen. Die Aufnahmen sind aber mit hoher Wahrscheinlichkeit gut geworden, dessen sind wir uns beide sicher.

Wieder im heißen Wagen fahren wir die Piste weiter zurück. Doch immer wieder sieht mein verschwitzter, leicht mit Staub überzogener Begleiter Objekte seiner Begierde. Er hält an, schnappt sich ein Handy und verschwindet damit hinter kleinen Hügeln, oder Gebüschen. Ich warte im glühenden Auto. Da wir die Fenster offen hatten und haben, ist der gesamte Innenraum bereits mit hellem Staub überzogen. Auch ich.

Ich höre Zikaden und spüre den leichten Wind, der angenehm am offenen Fenster entlang streicht. Die Sonne brennt auf meinen rechten Arm. Hin und wieder kommt ein Quart vorbei. Die Touristen darauf sind auf jeden Fall staubiger als ich, tröste ich mich und sehe wieder die panischen Festhalteversuche der mitfahrenden Personen. Ich grins.

Bei einem weitern Halt, wird ein Esel gefilmt. Der ist brav und kommt wie gerufen zu uns her. Ich schau in seine ruhigen Augen, er schaut zurück. Dann dreht er sich um und geht langsam weg. Ich bin durstig und mein Kopf dröhnt. Ich glaub, heute war es sogar für mich ein bisschen zu viel Sonne und Hitze.

Nur Staub und Steine

Ich kann nicht wirklich erkennen, was meine neue, alte, große Liebe (für das Buch, braucht ihr noch etwas Geduld, bitte!) an dieser Gegend so derart interessant findet. Schon wieder ist er aus dem Auto gesprungen und mit dem Handy auf und davon gerannt. Ich spüre Schweißtropfen meinen Hals hinunter über den Rücken und in mein Dekolleté laufen. Es ist Zeit fürs Heimfahren, finde ich. Suchend schau ich mich um. Kann meinen emsigen Regisseur/Kameramann aber nirgends sehen. Ein Blick auf meine Uhr sagt mir, dass die Poolbar soeben schließt und ein wehmütiger Seufzer stielt sich über meine Lippen.

Und dann…ist er wieder da. Steigt strahlend ein und wir fahren weiter. Unterwegs meint mein unendlich motivierter Chauffeur, dass er noch gerne den Canyon entlang wandern will. Heute. Am besten jetzt. Nun, ich hab meine Sandalen an und erwähne erschrocken mein unpassendes Schuhwerk. Die Insel ist ja net so groß, wir können uns noch umziehen und dann gut ausgerüstet nochmals zum kleinen Tal fahren.

Also, eigentlich ….phu.

Ich gehe kurz in mich. Ich wandere gerne, auch bei Hitze. Doch irgendwie fühle ich mich heute nicht mehr so danach noch stundenlang über Stock und Stein zu marschieren. Irgendwie ist mir nach etwas ganz anderem.

Wir fahren in Richtung Hotel und ich bin immer mehr der Meinung, dass ich mir heute lieber einen Spa-Abend gönne. Außerdem bin ich heute ziemlich rot auf den Schultern geworden, also raus aus der Sonne. Ich teile das meiner neuen, alten, großen Liebe (dazu kommt in einigen Jahren vielleicht ein Buch heraus) mit. Er nimmt das maulend zur Kenntnis und ich spring beim Hotel aus dem Auto.

Ich besorge beim gegenüberliegenden Supermarkt noch ein bisschen Brot, Schafkäse, Dolmades (mit Reis gefüllte Weinblätter – ich liebe sie!) und Rotwein, marschiere mit meiner Beute rüber zum Hotel und genieße in unserem Zimmer eine ausgiebige Dusche. Ich wasche meine Haare und verwöhne sie mit einer Packung. Danach setz ich mich, eingecremt und mit einer Tuchmaske im Gesicht, auf den Balkon und gönn mir ein eiskaltes Bier. (Wir haben ja den Eiskasten, und jeder der mich kennt, weiß, der ist niemals leer…).

Die totale Entspannung

Die Füße hoch über den Balkonrand, das kühle Getränk in den Händen und meine geliebte Playlist (Deep House) aus meiner Boom3, einer mich immer wieder freudig grinsen lassende Bluetooth-Box.

Irgendwann kommt meine neue, alte, große Liebe (das Buch, ja, ich habs nicht vergessen! Wie lästig kann man sein?) auch daher. Dann essen wir und genießen die Rotweinflasche, naja, den Inhalt. Wir quatschen und ich erfahre, dass man gar nicht so einfach in den Canyon kommt. Eigentlich gar nicht. Also ist woanders herum geklettert worden. Ich hab also wirklich nichts versäumt.

Die Füße noch immer hoch, jetzt allerdings mit einem Rotwein in der Hand. Resümiere ich wieder mal. Heute war ich tapfer, geduldig, staubig, nicht hysterisch, durstig, aber nicht grantig. Ich habe heute meine Grenzen weiter ausgelotet , hab mich heute wieder besser kennen gelernt.

Ich grins. Und während mir meine neue, alte, große Liebe (ich vergess es schon nicht, keine Sorge!!) von seinem Ausflug weiter berichtet, bin ich stolz auf mich.

Kali nichta


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