Heute bekommen wir unser Auto. Ich habe mir einen offenen Jeep vorgestellt. Wollte während der Fahrt aufstehen, meine Haare im Fahrtwind wehen lassen und diese Szene natürlich filmen. Spaß und Party vermittelnd, während der coole Wagen über staubige Pisten prescht.
Wir sitzen in einem roten Renault Twingo, mit Dach und schlechtem Radioempfang. Ich muss endlich mal meine Erwartungen runterschrauben, tadle ich mich im Stillen.
Wir sind auf dem Weg zum Skaros Rock. Das letzte Spitzerl der Insel. Um den Felsen zu erreichen muss man durch den wunderschönen Ort Oia durch. Wir stellen den Twingo auf einem großen Parkplatz ab, durchqueren Oia und marschieren wieder durch enge, weiße Gässchen. Viele traumhafte Geschäftchen, viele mit hochwertiger Handwerkskunst, säumen unseren Weg. Ich sehe beim Vorbeigehen einen Keramikfisch, der würde mir gefallen. Vielleicht kommen wir hier ja zurück, dann kommt er mit zu mir nach Hause.
Wir folgen den Wegweisern nach „Imerowigli“, der Ort, von dem aus ein Pfad auf den Felsen führt. Wir sind nicht allein, diese Idee hatten andere auch. Aber diesmal ist es überschaubar und wir bewegen uns nicht in der Horde.
Der Skaros Rock erhebt sich 20 Meter hoch an der Spitze eines Felsvorsprunges und ist eines der bekanntesten Naturdenkmäler Santorins. Seine Silhouette ist so beeindruckend, dass man sie von Fira und Oia aus, sehen kann.

Wir stapfen den Pfad entlang, es ist sehr schön hier zu gehen.

Es ist heiß, aber das stört mich nicht, dann schwitzt man halt a bissl, na und? Auf und neben dem Weg huschen immer wieder kleine Eidechsen herum.

Es riecht nach allen möglichen Kräutern, hauptsächlich Thymian und Salbei. Der Ausblick ist spektakulär. Immer wieder bleib ich stehen und genieße diese herrlichen Eindrücke. Der Pfad teilt sich, wir gehen weiter und kommen zu einer kleinen Kirche, weiß und blau, wie könnte es anders sein.


Hier ist nur der Wind zu hören, der über die Felsen dahinter streicht und die Wellen, die tief unter uns rauschen. Es ist ein friedlicher Ort. Meine neue, alte, große Liebe (da kommt ein Buch, irgendwann!) geht hinter die Kirche und ist dann verschwunden, ich genieße allein die Stille und die Natur.
Aufi muass i!
Dann taucht er plötzlich wieder auf und wir gehen zurück, denn wir wollen ja den Skaros-Gipfel bezwingen. Der Pfad dorthin führt bis zu einer Felswand, hier sind noch Reste von altem Gemäuer. Jetzt heißt es daran hochklettern. Es sieht leichter aus, als es ist. Geschafft, wir sind ganz oben! Der Ausblick ist wunderschön, man kann in der Ferne Fira erkennen.

Hier oben sind Löcher und Vertiefungen im Boden. Wir bewegen uns sehr vorsichtig. Es sind noch weitere Naturliebhaber da, sie sitzen am anderen Ende des Plateaus, haben es sich scheinbar dort gemütlich gemacht. Na, so lang wollen wir net bleiben, außerdem bläst hier ein starker Wind. Meine flatternden Haare werden noch rasch gefilmt und dann machen wir uns an den Abstieg.
Wir klettern vorsichtig wieder runter. Das Terrain, des Pfades zurück zum Ort, ist ja keine Herausforderung. Für uns. Doch ich kann Damen auf fast ebenem Untergrund, mit vor Angst geweiteten Augen, hilfesuchend nach ihrer Begleitung greifen sehen. Teilweise haben die in Nöte geratenen Weibchen natürlich auch das falsche Schuhwerk an. Mit Flip Flops oder Riemchensandalen würde ich auch nicht so trittsicher sein.
Noch ein bisschen bergauf und wir befinden uns wieder im Ort Oia. Zufällig kommen wir wieder an meinem „Fischgeschäft“ vorbei, und ich erstehe einen blauen, tönernen Fisch mit orangenem Bauch. Ich freu mich! Gut eingepackt steck ich ihn in meinen Rucksack und überlege bereits, welchen Platz er zuhause bekommt.
Hier in Oia erwarten uns noch zwei Plätze für unser Fotoshooting.


Wir überqueren einen schönen Platz und haben den ersten Punkt unserer Begierde bereits erreicht. Hier filme ich, denn auf dem alten Foto ist meine neue, alte, große Liebe (Ja, das Buch, bitte gebts doch a Ruh!) aufgestützt in die Ferne blickend zu sehen. Genau hier. Vor 25 Jahren.
Uuuunnnnd action!
So, er geht in Position und beugt sich vor. In dem Moment rutscht ihm seine Sonnenbrille aus dem T-Shirtkragen, hüpft über die Mauer und landet in einen kleinen Vorgarten. Zur selben Zeit kommt eine extreme Windböe. Ich rette noch schnell den Hut meiner neuen, alten, großen Liebe (…jaaaaaa….) den ich auf meinen, an die Mauer gelehnten Rucksack gelegt habe und jetzt Anstalten macht, abzuhauen. In einer Hand den Männerhut, in der anderen den Gimbal.
Jetzt ist er weg!
Für meinen Hut hab ich keine Hand mehr frei. Der Wind reißt ihn mir vom Kopf, er fliegt hoch über die Terrassen davon. Ich bin so überrascht, dass ich nur dastehen und schauen kann. Schad, den hab ich schon lang. Mit dem hab ich mir schon viele Ausgrabungen in Griechenland angesehen, der hat mich schon viele Sommer vor der Sonne geschützt. Baba! Jetzt ist er weg. Eine Touristin neben mir schreit aufgeregt und tröstet mich gleich darauf, indem sie mir über dir Schulter streicht.
Meine neue, alte, große Liebe (…) bekommt davon gar nichts mit, er hat währenddessen einen Bewohner des Vorgartens um seine Brille gebeten.
Ich habe mir bereits vor einigen Tagen bei einem unserer Firabesuche einen neuen, schwarze Sonnenhut gekauft. Ja, man trägt den Hut heuer schwarz. Ich bin also eigentlich eh ausgerüstet. Trotzdem versuche ich noch einen Blick auf den verlorenen, alten zu erhaschen. Aber, er ist weg. Bleibt wohl hier, es gibt schlimmere Orte, finde ich.
Die Männersonnenbrille wird gut verstaut und wir filmen endlich die „er schaut in die Ferne“-Szene.


Dann marschieren wir weiter zum zweiten Punkt, den wir für unseren Plan auf Google Maps gefunden haben. Es ist eine Kirche, an der ich vor 25 Jahren vorbeigegangen bin und mich währenddessen keck umgedreht hab. Ich versuche diese Bewegung nachzuahmen und setz mein Jungmädchengschau auf. Relativ schnell passt hier die Einstellung.


Dann marschieren wir zurück durch die schönen Gässchen, vorbei an verspielten Souvenirläden, gönnen uns noch jeder ein Gyros Pita und steigen dann in das heiße Auto.
Bei unserer Rückfahrt kommen wir doch tatsächlich an einem weitern Punkt unserer Retrospektive vorbei. Es handelt sich um ein am Straßenrand rotes Gestein. Es säumt eine Zeit lang eine kurvige Strecke. Genau dort hab ich vor vielen Jahren mit weißen Steinen S+B in den roten Untergrund gelegt.
Damals waren viele Nachrichten und Liebesschwüre auf diese Art gesetzt worden. Heute hat man E-mail oder Whats App. Mein neues Geschriebenes ist alleine auf weiter Flur. Aber wer weiß? Vielleicht ist es ja ein Anstoß und andere werden sich hier auch wieder mitteilen wollen.


Dann gehts weiter heimwärts. Für die Poolanlage sind wir leider zu spät dran, das hab ich aber sowieso erwartet.
Im Hotelzimmer machen wir uns frisch und besuchen wieder unsere Fastfoodgasse. Dort gönnen wir uns jeder einen Gyrosteller. Wieder ein riesiger Haufen Essen! Diesmal hab ich nicht so großen Hunger und schaffe nichtmal die halbe Portion. Danach gehts wieder ins Hotel zurück. Meine neue, alte und große Liebe (das Buch…jetzt ists aber amal gut!) will nicht mehr durch die Gässchen wandern. Auch gut.
Am Balkon lassen wir den Tag ausklingen und besprechen unsere morgigen Ziele. Es sind einige tolle Aufnahmen geplant. Ich bin schon gespannt und neugierig. Ich werde berichten.
Kali nichta
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