Oder

Die Trulla gegen Kylie

Am nächsten Morgen, wir zwei wachen fast zugleich raschelnd auf, machen wir uns für das Frühstück fertig. „Frühstücke wie ein Kaiser“, heißt es und das haben wir jetzt vor.

Den Tisch, den wir uns aussuchen, könnte schöner nicht stehen! Der Blick durch einen Mauerbogen aufs Pool erfreut das noch etwas träge Auge; die morgendlich bereits wärmenden Sonnenstrahlen machen den Platz perfekt.

Und das Buffet ist eine wahre Freude.

Bakery for free

Es gibt tatsächlich sogar eine griechische Abteilung, soll heißen, hier meine Lieben, gibt es diese besagten Blätterteigspezialitäten. Die Ecke mutet eher wie eine bakery zur freien Entnahme an.

Hier gibt´s die extrem staubtrockenen Kekse, die nur mein Kind mag, ich kenne sonst niemanden. Es gibt Grießkuchen im Honig, oder kleine, überaus zähe, Teigbällchen in Schokosauce, oder in Honig.

Ich esse sehr selten süß, doch hier kann ich nicht widerstehen und hin und wieder, in dieser viel zu kurzen Woche in Griechenland, hole ich mir etwas aus dieser Ecke. Und dann grinse ein bissl blöd beim Essen. Vor allem die Pies, also der süß oder pikant gefüllt Blätterteig, hat es mir angetan.

Es gab auch Eier in Tomatensauce. Nun, die hab ich ausgelassen.

Ansonsten, tja bin ich langweilig und ernähre ich mich, wie auch sonst an meinen Urlaubstagen, zum Frühstück von Käse, Feta, Oliven, Paradeiser, Gurken und Brot. Zuhause nehme ich in der Früh eigentlich überhaupt nur Kaffee zu mir. Die Wurst und die Würstchen… auch da wisst ihr ja schon Bescheid. Tunlichst meiden!

Dazu gibt´s Kaffee, wirklich guten Kaffee!

Natürlich gibt es auch Säfte; sogar frisch gepressten Orangensaft, den nehme ich mir dann schon, denn diese angerührten, wässrigen Wasauchimmer aus dem Automaten, mag ich gar nicht.

Und Obst! Das freut Doris sehr. Auch sie nimmt sich morgens meist das gleiche, oder ein ähnliches Repertoire wie ich zur morgendlichen Nahrungsaufnahme, doch für sie gabs nach dem ersten Teller meistens noch einen zweiten mit Obst.

Das vitaminreiche Angebot setzt sich aus Melonen, Trauben, Äpfeln oder Pfirsichen zusammen. Hm, naja, Obst…ist nicht so meins, vergoren, oder gebrannt vielleicht. Deswegen lasse ich die frischen Früchte dann doch lieber aus.

Die Meandros-Anlage

Danach sind wir neugierig und erkunden die Hotelanlage. Ein wunderschön gepflegter Weg führt an die Rückseite des hinteren Gebäudes und dort entdecken wir etwas Ungewöhnliches…

Das feuchte Gras, in dem unsere in Sandalen steckende Füße fast verschwinden, erinnert an dichten, grünen Samt. Ich grins und muss an meine Freundin Sandra denken, sie würde hier wahrscheinlich bereits ihre Golfabschläge üben.

Die Bäume sind hübsch geschnitten und der gesamte Grünbereich hinter dem Hotel ist äußerst ansprechend und außergewöhnlich gestaltet. Hier befinden sich weitere drei Privatpools. Alles wirkt sehr gepflegt und sauber.

Das Hotel verfügt außerdem noch über einen Spa-Wellnessbereich mit Sauna, einen Schönheits- und Massagesalon. Schön sind wir sowieso und entspannt auch. Die Sonne scheint schön warm, also ist auch keine Sauna von Nöten.

Aber jetzt!!

Und dann…

… machen wir uns erneut auf die Suche nach dem verlorenen Strand. Am Weg dorthin kommen wir wieder an der Boutique, den Mini-Markets und den im Moment geschlossenen Bars vorbei.

Wir betreten den kleinen Shop mit den Bootsvermietungen und buchen dort bei einer griechischen Walküre um vierzig Euro pro Person*in einen, fast den ganzen Tag dauernden, Bootsausflug um die gesamte Insel.

Morgen werden wir um acht Uhr und zehn Minuten (!) vor genau diesem Geschäftchen von einem Bus abgeholt, der bringt uns zum Boot. Na, wir sind gespannt!

Da issa ja!!

Und weiter geht´s Richtung Strand. Gleich nach dem letzten Hotel, einer wunderschönen Anlage, die wir gestern schon bestaunt haben, führt ein kleines, natürlich unbeleuchtetes, und deswegen nachts nicht ersichtliches, Wegerl zum Meer und somit zum Strand.

Wir haben ihn gefunden!!!

Eine überschaubare Menge von zirka achtzehn, oder zwanzig Liegen werden hier vermietet. Ungefähr die Hälfte davon ist belegt.

Wir schlüpfen aus unseren Sandalen und ziehen beim Gehen in Richtung des großen, blauen Wassers die Zehen durch den extrem feinen Sand. Er ist noch nicht sehr heiß, aber schön warm. Das Wasser ist eine angenehm temperierte, glasklare Wohltat, traumhaft!

Es riecht herrlich nach Salz, Strand und ein wenig nach Algen, so wie es sein soll. Wir marschieren ein bisschen die kleinen brandenden Wellen entlang, der feine Sand gibt immer ein bisschen unter unseren Fußsohlen nach. Es fühlt sich gut an. Es fühlt sich nach Urlaub an. Es fühlt sich perfekt an!

Wir haben Kleidchen und normale Unterwäsche an, also kein Bikini in Reichweite. Und somit genießen wir nochmal die wunderbare Aussicht und das gesamte Ambiente und machen uns auf den Rückweg.

Davor erkundige ich mich noch über den Mietpreis der Liegen und schaue ein wenig ungläubig auf den doch etwas unfreundlichen, Auskunft gebenden Griechen, der selbstverliebt unter einem eigenen Sonnenschirm seinen, wie er glaubt, Luxuskörper auf einem rostigen Sessel drapiert. Zwanzig Euro für zwei Liegen und einen Schirm, für einen ganzen Tag.

Das gönnen wir uns!

Beim Zurückgehen sind wir uns jedoch bereits einig. Wir wollen auf jeden Fall zumindest einen Tag am Strand verbringen. Aber dann werden wir früher dort auftauchen, uns tolle Liegenplätze in der ersten Reihe aussuchen und die Miete ausnutzen.

Doris und ich sind hier gleich gestrickt. Wir befinden uns auf Urlaub (endlich!), das ist eine besondere Zeit, ein besonderer Ort. Hier ständig den Euro umdrehen zu müssen, wollen wir beide nicht. Gott sei Dank sind wir in der glücklichen Lage, diese Einstellung hier zu leben und unsere Urlaubszeit in vollen Zügen zu genießen.

Beim Rückweg kehren wir in einen Mini-Market ein und besorgen uns noch Wasser und ein Sixpack Mythos, das herrliche griechische Bier.

Die Badetuch-Situation

Doris hat kein eigenes Badetuch mit, deswegen tauchen wir erstmal in der Lobby auf und bitten um Badetücher. Ganz offensichtlich, das kann man sehr gut auf den Liegen rund um den Pool erkennen, hat jeder Hotelgast in dieser Anlage eines bekommen, nur wir nicht…

Diesmal ist eine andere junge Frau beim Empfang und diese ist nicht wie Sophie, ganz und gar nicht. Sie schaut uns an, und beginnt laut, schrill und schnell in einem Englisch mit Akzent für (weit) Fortgeschrittene auf uns einzureden. Sie ist wohl ob unserer Unverschämtheit sehr aufgebracht. Wir schauen sie nur an, ein bisschen überrascht und langsam ungeduldig werdend.

Ob wir denn auch den Spa-Bereich benutzen wollen, verstehe ich aus dem, fast gequietschten Wortschwall der uns um die Ohren fegt. Ja, wollen wir. Natürlich. Selbstverständlich! Ununterbrochen!!

Endlich geht die Gurke weg und holt uns zwei türkise Badetücher. Sie drückt sie uns mit irgendeiner, wohl unerfüllbaren, Auflage in die Hände und erleichtert ergreifen wir damit die Flucht.

Im Zimmer springen wir in unsere Bikinis, packen unsere Badetaschen mit Badetüchern (juchu!), Büchern, Sonnencreme und Bier (natürlich). Ich pack noch meine Boom3 ein, meine Bluetooth-Box. Doris schlüpft in eine weiße, durchsichtige Spitzenbluse und ich binde mir meinen schwarzen Sarong um. Und dann geht´s ab an den Pool.

Poolschönheiten – wir

Der Altersdurchschnitt der hier herum liegenden Hotelgäste bewegt sich zwischen Ende Fünfzig und aufwärts. Da habe ich aber das junge Pärchen, oh mein Gott die beiden könnten meine Kinder sein!, und uns zwei natürlich bereits berücksichtigt.

Wir suchen uns zwei passende Liegen aus, ungefähr die Hälfte von den 43 Liegen (ja, ich hab sie gezählt!), ist belegt. Türkise Handtücher weit und breit, mehr will ich dazu nicht mehr sagen.

Wir machen es uns bequem und die männlichen Augenpaare der meist britischen Gäste nehmen gierig jede unserer Bewegungen auf. Die Damenwelt ist davon wohl eher nicht so begeistert, oder fühlt sich dadurch zumindest gestört.

Doris ist um einiges kleiner als ich, hat einen dunklen Teint und sehr schöne weibliche Rundungen. Ich bin das Pendant dazu. Lang, hell und dünn. Somit ist allerdings für jeden was dabei und dies ist uns sehr wohl bewusst. Hihi.

Spätestens als wir unsere Biere zischend öffnen, haben wir die vollständige Aufmerksamkeit aller Poolbesucher.

Ich erinnere mich grinsend an meine Erlebnisse auf Kos, muss aber einräumen, dass die Gäste hier weitaus ansehnlicher und distinguierter sind.

Naja, gut. Ausnahmen bestätigen die Regel, ein paar optische Herausforderungen sind auch hier zu beobachten.

Bunt und schwer

Auf zwei der ächzenden Liegen entspannt ein Pärchen, äußerst bunt tätowiert. Überall. Beide sind doch ordentlich übergewichtig. Sie trägt ihre Haare als Rastalocken, der Undercut ist enorm, das Gesicht, nun, herb. Sehr. Ihr Geschlecht kann man eigentlich nur an der Wahl ihres Badeoutfits, es ist ein Bikini (ein großer), erkennen. Denn ihr Partner hat ebenfalls enorme Brüste.

Ich hole die Boom3 aus meiner Tasche und erfreue Doris und mich mit ein bisschen leiser Deephouse-Untermalung. Die Musik von der Poolbar, die sich am anderen Ende des Pools befindet, ist nicht bis zu uns zu hören.

Doris wippt mit dem Fuß im Takt und auch ich bin zufrieden. Wir greifen nach unseren Bierchen und Büchern und lassen erstmal unsere Seelen baumeln.

Doris liegt in der Sonne, vollständig. Stundenlang. Ohne Sonnencreme zu benutzen. Das ist für sie ganz normal, meint sie zu mir, sie braucht eigentlich keinen Sonnenschutz. Ich schau sie mit großen Augen an, während ich bereits zum zweiten Mal meiner Sonnencremetube durch wildes Quetschen unanständige Töne entlocke.

Ich hab meine Meisterin gefunden!

Bis jetzt hatte ich nie jemanden an meiner Seite, egal ob Männchen, oder Weibchen, der sich freiwillig mit mir in die pralle Sonne gelegt hätte! Und während Doris sich auf den Bauch legt und tatsächlich noch ein kleines Nickerchen macht, wandere ich bereits, meine Liege verschiebend, dem Schatten unseres Sonnenschirmes hinterher.

Dann verschwindet die Sonne hinter dem hinterem Hotelgebäude und Doris wird wieder rege. Mir ists recht, mein Magen knurrt mittlerweile recht laut und wir machen uns kurz darauf im Zimmer für unser Abendessen fertig.

Beim Verlassen des Hotels teilt uns noch ein kleines Plakat am Ausgang mit, dass heute Abend hier in unserem Hotel (!) ein Auftritt stattfindet. Darauf zu sehen ist eine blonde junge, singende Frau. Na die schauma uns an. Um neun geht´s los und es wird wohl unvergesslich!! Aber bis dahin….

Am Weg zur abendlichen Verpflegung kommen wir auch beim Eingang der Bar vorbei, von der gestern die gewöhnungsbedürftige Abba-Interpretation zu hören war. Heute, und jetzt haltet euch fest!, tritt Kylie Minogue auf. Oder zumindest werden heute ihre Lieder zum Besten gegeben.

Heute zeig ichs ihr!

Da Doris viele der typisch griechischen Speisen nicht bekannt sind, kehren wir in ein kleines Lokal in der Nähe der Bootsvermietung ein und bestellen dort bei einer sehr reservierten und offensichtlich humorlosen griechischen Dame, wohl der Chefin, mittleren Alters, erstmal zwei große Biere.

Ich möchte Doris ein paar herrliche Vorspeisen näherbringen, mit denen, das weiß ich aus Erfahrung, man auch ohne Hauptspeise satt wird. Sie freut sich und ist neugierig und ich bestelle bei der Dunkelhaarigen, zwei Saganaki, zwei Tsatsiki mit Pitabrot und einmal meine geliebten Gavros.

Während wir auf unser Essen warten und an unseren eiskalten Bieren nippen, beobachten wir, dass nicht nur die Lokalbesitzerin, sondern auch ihr Sohn (etwa im Alter meines Buben) nicht unbedingt des Lebens froh ist.

Schade, denk ich mir, so derart grantige Griechen hab ich noch kaum erlebt. Dann revidiere ich meine gedankliche Aussage.

Doch, hab ich sehr wohl! In der Mani, lang ists her. Einer ganz besonderen, sehr eigenartigen Gegend. Eigentlich die einzige in Griechenland, in der ich nicht mehr Urlaub machen würde. Die Umgebung dort ist sehr karg, obwohl das in Griechenland oft der Fall ist, aber die Bewohner sind dort so unfreundlich, dass das die Gegend dann wohl noch karger und ungastlicher macht. Ich hab mich dort nicht nur unerwünscht, sondern tatsächlich bedroht gefühlt.

Ein Renommee, um meiner lieben Freundin die griechische Freundlichkeit näher zu bringen, sind die beiden Gastronomen hier leider bei Gott nicht.

Endlich kommen unsere Speisen und Doris lässt sich den gebratenen Käse mit dem Tsatsiki und dem herrlichen warmen Pitabrot schmecken. Die Gavros stehen zwischen uns und zuerst ein bisschen skeptisch, dann immer mutiger probiert sie auch die kleinen Fischerl. Auch die dürften ihr schmecken, denn sie steckt sich immer wieder einen toten, aber sehr knusprigen Meeresbewohner in den Mund.

Es schmeckt herrlich aber beide lassen wir etwas Brot über, wir können einfach nicht mehr.

Und dann…

… tja dann schauen wir wieder in die 50%-Boutique. Natürlich finden wir auch diesmal wieder etwas. Die unzähligen Sonnenbrillen, Taschen, Bikinis, Kleiderl und die Millionen von Armketterl mit Schildkröten entlocken uns immer wieder Geräusche des Wohlwollens.

Und dann singt „Die Trulla“

Langsam schlendern wir zum Hotel zurück. Mit einem kühlen Mythos in der Hand machen wir es uns auf dem Balkon gemütlich und beobachten ein bissl neugierig, die Vorbereitungen für das heutige Musikspektakel gleich direkt neben dem Pool.

Ein paar große Lautsprecher und ein bunt beleuchtetes Platzerl, an dem bereits ein Mischpult und ein Mikrofon stehen machen Lust auf mehr.

Vereinzelt kommen ein paar Gäste des Hotels und nehmen davor Platz. Kurz vor neun taucht dann eine große, blonde Frau im gelben Kleid auf und testet mit einigen eigenartigen Lauten die Soundanlage. Jetzt geht´s gleich los, freuen wir uns! Doch die Blonde beginnt ihre Zuschauer alle einzeln zu begrüßen, mit Küsschen und Umarmungen.

Nun, das dauert nicht wirklich lange, es handelt sich hier maximal um knappe zwölf Leute. Danach setzt sie sich allerdings mit dreien der überschaubar aufgeregten Fans an einen Tisch, die drei tragen jeder ein weißes T-Shirt und für uns ist schnell klar, es handelt sich hier um den Fanclub.

Wir zwei hängen schauend, wartend und überrascht aus unserem Balkon. Da unten geht überhaupt nix weiter. Um halb zehn dann, steht die Dottergelbe endlich auf und bequemt sich zum Mikro.

„Doris! Jetzt geht´s los!“ rufe ich und proste meiner Mitbewohnerin fröhlich zu. Doris nannte die Künstlerin bereits bei ihrer Begrüßungszeremonie abwertend „Die Trulla“. Nachdem das dünne Stimmchen bis zu uns heraufdringt und vergeblich versucht gute Stimmung zu machen, nenne ich sie auch so.

Naja, was soll ich sagen, es wird nicht wirklich besser und ab zehn Uhr beginnt ihr Kylie, von der benachbarten Poolbar, die Show zu stehlen. Beide der bemühten Damen versuchen bekannte und natürlich perfekt performte Songs mit einem doch hörbaren stimmlichen Defizit wiederzugeben.

Gott sei Dank wirkt bei uns bereits das Bier und teilweise singen wir fröhlich und abwechselnd bei jeder der Interpretinnen mit.

Dann machen wir uns fürs Bett fertig, morgen ist ja unser Bootsausflug geplant. Um 8 Uhr und 10 Minuten (!) müssen wir vor Ort sein! Wir freuen uns schon drauf.

Und während die letzten Klänge der Trulla ausklingen und auch Kylie müde und leiser wird, machen wir schon unsere Augen zu und sind auf morgen gespannt.

Kalinichta


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