Wie mir selbst versprochen, dauert es nicht lange, bis ich wieder am Handelskai auftauche. Um genau zu sein gehe ich heute Abend wieder hin und wieder begleitet mich meine liebe Freundin Doris.
Wir haben uns für den Maya-Garden Besuch kurzfristig entschieden und sind dementsprechend überrascht, dass wir zumindest für zwei Stunden noch einen Tisch bekommen. Von 19 bis 21 Uhr.
Wieder fahre ich mit dem Taxi hin und nachdem mich auch dieser Fahrer wieder überrascht und unwissend anschaut, erkläre ich ihm naseweis die Strecke. Er ist ein lustiger und erzählt und erzählt, quatscht da vorne unentwegt vor sich hin, unterhält mich wie ein Showmaster mit amüsanten, doch bereits schon lange bekannten, Kurzgeschichten und während wir wieder über das Hiltonbrückerl fahren, schießt er noch einen uralten Witz hinten nach. Dann wird er still, aha, da ist ja eine neue Strandbar!?
Ohja! Ich grins. Die schönste weit und breit! Er nennt mir den Fahrtenpreis, ich zahle und steige schwungvoll und zielsicher aus.
Diesmal weiß ich, nach den Stufen – da oben – befindet sich diese Urlaubstraumwelt! Ich trage heute einen schwingenden, schwarzen Minirock und ein buntes Spaghetti-Trägertop. Ich erklimme die Treppen ziemlich flott und wahrscheinlich könnte man meinen Hintern von unten sehen, weil ich gierig und ungeduldig gleich zwei Stufen auf einmal nehme. Doch hinter mir ist niemand und ich lasse das Ladysein kurz mal weg.
Der Türsteher, ich nenne ihn so, obwohl es dort ja keine Tür gibt, vielleicht ist „Empfangskomitee“ besser, begrüßt mich mit einem leichten gentlemanartigen Kopfnicken.
Diesmal bin ich natürlich nicht so geflasht, wie das letzte Mal. Trotzdem sind die Eindrücke wieder umwerfend. Die Sonne steht heute bereits tiefer, das ganze Erscheinen des Beachsalons ist dadurch ein anderes.
Ich stelle mich bei dem kleinen Empfangspult an und nachdem meine Reservierung, ich habe wieder an die office E-mail-Adresse geschrieben und wieder hat es funktioniert, gecheckt wurde, werde ich an einen Tisch geführt. „Zwei Stunden!“, werde ich freundlich aber bestimmt erinnert. Ich nicke und bestelle gleich noch vor dem Hinsetzen zwei Aperol.
Dann kommt auch schon Doris daher, auch sie hat heute einen Minirock an, ihrer ist eng mit anliegendem Top. Jaja, mit uns kann man weggehen. Unsere Outfits immer wieder ein Augenschmaus.
Die Aperol kommen und wir beschließen noch etwas für die „Unterlage“ zu bestellen. Einmal Süßkartoffel- und einmal normale Pommes. Relativ flott, kommt unsere Bestellung daher und wir quatschen und naschen an dem fetten Gemüse.
Die zwei Stunden sind schnell um und dann kommt ein Mäderl vom Service, will kassieren und den Tisch erneut für die nächsten Gäste reservieren. Na gut, so war der Deal.
Wo wir denn ab jetzt unsere Getränke her bekommen, frag ich und sie zeigt an die Bar, gleich gegenüber von uns, an der bereits einige Gäste ungeduldig anstehen. Das Servicemäderl meint noch dazu, dass man hier allerdings recht viel Geduld brauche, die Kollegen an der Bar seien heillos überfordert.
Geduld ist eine Tugend!
Nachdem wir gezahlt und ein bisschen wehmütig unseren Tisch verlassen haben, wollen wir uns in die Reihe der durstigen Gäste an besagter Bar stellen. Diese zu erreichen ist allerdings gar nicht so einfach, wir müssen an einigen dicht gedrängt sitzenden Gästen vorbei.
Die jungen, teilweise sehr hübschen, gut gekleideten jungen Damen auf ihren Stühlen, starren uns derart unfreundlich an, dass es sie hässlich macht.
Sie sitzen da, sprechen kein Wort miteinander, funkeln böse durch die Gegend und warten wohl auf den einzig wahren Superhelden, oder Prinzen auf weißem Ross, der sie aus diesem langweiligen und wohl sicher unterfinanzierten Leben rettet. Diese Auserkorenen werden sich aber bei diesen, böse blitzenden Augen schrecken und das Weite suchen….Tja, schade…Ladies!
Doris und ich sind amüsiert über die doch recht große Schar der teilweise, bereits jetzt schon in so jungen Jahren, offensichtlich optimierten, missmutigen Schönheiten.
Es dauert wirklich ein bisschen bis sich die anstehende Schlange weiterbewegt und wir haben genügend Zeit uns entspannt umzuschauen.
Ein junges Mädchen vor mir, vielleicht ein bisschen über zwanzig, fummelt die ganze Zeit an ihrem Handy herum. Ihre extrem langen, unechten Nägel machen ihr das handling schwer, sie müht sich ab und ihre Finger klackern laut auf dem Display herum. Dann endlich hat sie die Kamera auf Ihrem Telefon eingestellt und beginnt mit einer wilden Selfie-Session. Sie präsentiert zu ihren ebenfalls extremen Wimpern auch eine enorme Oberweite und versucht verbissen alles, samt Nägel, auf den Fotos zu vereinen.
Nun, Nägel und Wimpern hab ich auch, allerdings in überschaubaren Maßen. Ein Blick zu Doris und wir lachen laut auf. Ich mache Ansätze mich hinter ihr ins Bild dazu zu schummeln. Tu es aber eh nicht, denn auch dieses Weibchen schaut ziemlich streng und auf eine Streiterei bin ich wirklich nicht aus.
Die letzte Generation…
… ja in der Tat!
Wer um Himmels Willen würde sich denn erfolgsversprechend, zukunftsplanend, familiengründend mit einem anscheinend ewig übellaunigen, weiblichen Individuum auf Dauer vereinen wollen!??
Hier merke ich, dass ich wohl doch noch von der alten Schule bin und entspanne mich beim Gedanken, dass mich das eigentlich überhaupt nichts mehr angeht.
Zwei Mal Corona!
Endlich sind wir dran und ich bestelle, was sich noch vor zirka zwei, bis drei Jahren nach einem Selbstmordkommando angehört hätte, zwei kühle malzhaltige Getränke..-
„Zwei Mal Corona, bitte“!
Hier muss nichts gemixt, geschüttelt und gerührt werden. Eine Limettenspalte in die kleine Bierflasche und wir sind schon wieder fertig.
Glücklich halten wir unsere Flascherln fest in Händen und verlassen nach dem Zahlen das Barareal unter spürbar feindseligen, skeptischen und unwirschen Blicken der hier zuhauf vorhandenen, offensichtlich unglücklichen, wohl einsamen aber jungen, weiblichen Schönheiten.
Nicht mit Glas!
Zielstrebig schlendern wir in Richtung des DJ-Pults beim Eingang. Doch dort, mitten am Weg, stehen mittlerweile Absperrungen und ein junger Mann, der uns mit unseren Getränken im Glas nicht durchlässt. Das Areal dahinter besteht hauptsächlich aus einer sandigen Tanzfläche, auf und in der man bloßfüßig tanzt. Gäbe es hier Glasscherben, wären schlimmer Verletzungen möglich. Eine Bar auf dieser, geschützten, Seite bietet Getränke in Plastikbechern an.
Das ist natürlich verständlich und wir ziehen uns mit unseren „gefährlichen“ Getränken vom Eingang zurück. So lange haben wir darauf gewartet, jetzt wollen wir sie so schnell wie möglich leeren und los werden.
Wir warten nicht weit vom Durchgang und saugen an unseren Glasflaschen. Die Schaukel ist auf der anderen, sicheren, Seite, sie ist besetzt. Ok, ich nehme das zur Kenntnis, allerdings ein bisschen beleidigt, und nehme mir die Schaukelei für das nächste Mal vor.
Flo??? Bists du?
Auf einmal wie aus dem Nichts, kommt ein junger Mann bei mir vorbei. Er sucht anscheinend jemanden. Ich schnappe nach Luft und reiß die Augen auf.
Es ist wohl schon lange her, dass ich diesen Menschen gesehen habe – wenn er es ist. Ich stutze, staune, überlege….
Ist er der jüngere Bruder eines lieben Jugendfreundes von mir? Wir waren eine ganz coole, damals natürlich die Welt aus den Angeln hebende, Partie.
Jugend, ein bissl her! Das heißt, diese Clique hat sich vor zirka 33 Jahren getroffen.
Was solls, denk ich mir und rufe: „Flo??“
Der junge Mann stutzt und dreht sich um. Ich starre ihn an, er mich auch und dann…
… schreit er „Soso!!“
Wir grinsen und umarmen uns, dann begrüßt er auch Doris, die von nix eine Ahnung hat.
Lang ists her!!
Obwohl mir dann einfällt, dass wir uns vor zirka drei Jahren kurz mal gesehen haben. Flo meint, dass er mit einigen Leuten da ist und wir uns gerne dazu setzen können. „Bis dann!“ meint er und ist weg.
Ich stehe ein bisschen geflasht da und Doris meint nur: „Erzähl!“
Und ich erzähle …
… von meiner Jugend, der Clique und unseren Träumen. Sofort fühle ich mich wieder wie 17, oder 18 und fuchtel beim Erzählen wild mit der halbvollen Bierflasche herum. Ich bin aufgeregt, ergriffen…und plötzlich jung – so jung!
Endlich sind unsere Hopfengetränke (im Glas) einverleibt und die leeren Flaschen stellen wir ganz unkompliziert neben einem großen Blumentopf ab. Danach wenden wir uns wieder in Richtung Tanzfläche und den Buben bei der Absperrung, der uns jetzt ohne Theater durchwinkt.
Na bitte!
Zielsicher starte ich gleich mal zur Bar an dieser, sandigen, Seite des Beachsalons und hole uns zwei weiße Spritzer. Die Anzahl der Gäste ist hier mehr als überschaubar. Die Leute vom Service an der Bar, vier an der Zahl, unterhalten sich miteinander und überschlagen sich förmlich bei meinem Erscheinen.
Ein bissl vereinsamt stehen wir zwei dann, mit unseren Becherln in der Hand, neben der Tanzfläche, auf der acht oder neun Gäste fast bewegungslos hin und her wackeln und schauen auf die doch etwas müde anmutende Beleuchtung rund um das DJ-Pult.

Vereinzelt versuchen drei, oder vier junge Gäste Stimmung zu machen, sie steigen von einem Fuß auf den anderen und bewegen die Arme auf und ab.
Uns wird gerade staunend klar, dass die letzte Generation nicht nur dauergrantig, sondern auch motorisch eingeschränkt ist.
Doris zeigt aufmerksam auf zwei leere Liegestühle und sofort starten wir hin und machen es uns in ihnen bequem. Sie stehen im feinen Sand. Ich ziehe meine Schuhe aus und spüre den kühlen Sand zwischen meinen Zehen.
Fast ein bisschen wir Urlaub.
Wir lehnen entspannt, im gespannten Stoff und schauen auf die vorbeifließende Donau. Die Praterbrücke ist beleuchtet. Die Musik hinter uns ein relaxtes Geplätscher. Der Spritzer schmeckt und langsam wird es hinter uns ein bisschen voller.

Die Tanzeinlagen der jungen Gäste werden leider nicht besser. Manche marschieren einfach ziellos und höchstwahrscheinlich bereits ziemlich illuminiert über den Dancefloor und der dabei gezeigte Gesichtsausdruck soll wohl die totale, absolute Coolness vermitteln. Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um junge Männchen.
„Oh mein Gott!“, denk ich mir. Vielleicht bin ich wirklich schon zu alt für solche Aktivitäten, denn eine Welle des Mitleids überrollt mich bei der Beobachtung der doch sehr ungelenken und unkoordinierten Darbietungen.
Ich denke an die durchgetanzten Nächte meiner Jugend, damals war keiner derart ungelenk, oder pseudocool (oh, wir waren tatsächlich cool!). Egal welchen Geschlechts und damals gab es offiziell in der Tat nur zwei!
The lady in red
Auf einmal taucht zwischen all den unfähigen Bewegungstalenten eine junge Frau auf. Sie trägt, im Gegensatz zur Mehrheit, denn die trägt dunkle Farben, ein knallrotes, kurzes Kleid.
Sie bewegt sich!
Schön!
Im Takt!
Sie spürt die Musik, die ja, das kommt noch dazu, wahrlich kein Reißer ist. Doch das Mäderl kann sich tatsächlich bewegen und fällt damit im unsinnigen Herumgewippe der anderen auf.
Eine strahlende Erscheinung, ein Lichtblick! Sie tanzt und hat Spaß dabei. Jawoll! Ein Quell der Freude! „Ja, vielleicht ist unsere Zukunft ja doch noch nicht verloren!“ denk ich mir theatralisch und grins das rote Mäderl an, das mich natürlich gar nicht wahrnimmt.
Ich freu mich für ihr Auftreten und Ihre Existenz. Sie grinst und bewegt sich geschmeidig durch den Sand. Sie wird dafür, für mich, die Rettung all dieser verlorenen jungen, unglücklichen und unfähigen Seelen.
Doris hat sie ebenfalls bemerkt. Alle haben sie bemerkt.
Und so unerwartet und überraschend sie aufgetaucht ist, ist sie auch wieder weg.
Doris verabschiedet sich kurz und sucht die Toiletten. Ich lehne mich, mit einem neuen Spritzer in der Hand, in meinen Liegestuhl zurück und genieße den Blick aufs Wasser.
Soso!!
„Soso! Sosooooo!!!“ Ich dreh mich um, hinter mir steht Flo und neben ihm das Mäderl im roten Kleid. Ich spring aus meinem Stuhl. Freu mich, dass er mich nochmal besucht und mir sogar seine „bessere“ Hälfe (omg!!! sie ist es!!) vorstellt.
Er wollte sich nochmal melden und mir…verdammt, ich weiß ihren Namen nicht mehr,…. vorstellen. Sie grinst mich an. Ich grins zurück! „Ich hab dich tanzen gesehen, und….“ quatsch ich los, doch Flo unterbricht mich, sie spricht nur Englisch.
Ok, ein bissl stottere ich noch herum, aber er übernimmt freundlich und übersetzt. Mir fehlt die Übung und außerdem bin ich doch über diese Kombination, die mich sehr erfreut, überrascht, naja fast a bissl sprachlos.
Ich nicke nur freundlich, bei allem was er ihr strahlend mitteilt. Dann wünschen die beiden uns noch einen schönen Abend, er grinst glücklich und ich grins zurück.
Bis irgendwann! Alles Gute, Flo!
Hand in Hand ziehen sie von dannen und sind bald nicht mehr zu sehen.
Doris kommt wieder und jetzt bin ich nicht mehr zu halten. „So, Süße! Und jetzt wird getanzt!“
Und dann tanzen wir!
Obwohl die Musik nicht wirklich besser wird und eher zum Entspannen, oder Einschlafen passen würde, ein extrem relaxter Deephouse, fange ich an mich dazu zu bewegen.
Doris steht neben mir, wir tanzen direkt neben unseren Liegestühlen im Sand. Zur Tanzfläche direkt gehen wir nicht, unsere Taschen und Schuhe liegen hier herum. Wir bleiben lieber hier.
Sie tanzt so wie ich, braucht nicht viel Platz und bleibt fast an einem Fleck stehen.
Wir bewegen uns, so wie wir es immer zur Musik gemacht haben. Bewegen Arme und Hüften, Oberkörper und Füße. Diese ungewöhnlichen motorischen Auffälligkeiten bleiben in der heutigen Gesellschaft nicht unbemerkt, wir werden teils beobachtet und teils von der jungen, vielleicht doch neidischen, Damenwelt tunlichst ignoriert.
Langsam tanzen wir uns, trotz dieser Sandmännchenmusik, in Trance. Mein Minirock schwingt rhythmisch hin und her, auch Doris bewegt mit geschlossenen Augen die Hüften.
Ein junger Mann kommt auf uns zu und meint, dass das was wir da machen – er meint wohl unsere Tanzeinlagen – doch sehr cool aussieht und ob wir nicht auf die Tanzfläche kommen wollen.
Nun, das wollen wir nicht und der Bub geht wieder. Wir werfen lieber sicherheitshalber ein Auge (oder zwei) auf unsere Taschen und Schuhe.
Ein bisschen geht das so dahin, doch die Musik ist doch leider eine Spaßbremse und bei jedem Wechsel zu einem neuen Track wird meine Hoffnung auf ein wenig mehr Schwung enttäuscht.
Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut!
Und dann ist es auch für uns Zeit zu gehen.
Unsere Tanzspuren im Sand sind gut zu erkennen und ich mache lachend noch ein Foto davon.

Es ist bereits ein Uhr. Ich organisiere mir wieder ein Taxi, Doris wird abgeholt.
Meine Fahrt dauert nicht lange, es ist nur ein kurzer Weg vom Urlaub nach Hause! Im Taxi überlege ich wieder ein bisschen.
Die Location ist ein Traum, das steht fest!
Untertags ohne Bedenken zu empfehlen. Abends doch ein bisschen mau. Hier hätte ich mir wesentlich mehr Leben und gute Stimmung erwartet.
Was das jugendliche Publikum angeht, nun, bitte versteht mich nicht falsch, ich mag junge Leute! Die aktuelle, letzte Generation wirkt aber leider sehr unfreundlich, unnahbar, streitsüchtig und humorlos.
Ich kenne, Gott sei Dank, auch die andere Seite der heutigen Jugend, lustige, lebensfreudige Menschen, die ihr Leben genießen. Vielleicht sind es die paar wunderbaren Leutchen, die statt der berühmten „Letzten Generation“ einfach „nur“ eine nächste, neue und lebendige sind. Ich hoffe es.
Gute Nacht.
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