Unser Flugzeug landet ein bissl rumpelig und ich höre hinter mir ein gestöhntes „Oh, Gott sei Dank!…“ . Und Sandra, neben mir, und Anja, neben ihr, atmen auch wieder leichter. Ich wundere mich, wieviel Angst für ein paar Urlaubstage in Kauf genommen wird und bin sehr froh, dass das Fliegen für mich ein Highlight ist, mein Herz klopft auch wie verrückt, allerdings vor Freude, Aufregung und Glück.
Wir schnappen, nachdem das Flugzeug zum Stillstand gekommen ist, unser Handgepäck und betreten über eine Treppe griechischen Boden. Es ist kühl, schwül und dunkel.
Riechst du es? … Nein.
Ich warte auf den berühmten typischen Moment. Man steigt aus dem klimatisierten, geruchlosen Flugzeug und wird von der wunderbar würzigen, griechischen Luft empfangen. Salbei, Thymian, Oregano gepaart mit dem besonderen Geruch der roten Erde. Dann bleibt man einfach ein kurze Zeit stehen und zieht diesen Genuss durch die Nase in seine Lungen.
Diesmal bleibt er aus. Kein Geruch.
Ein bisschen enttäuscht schnuppere ich, mich vergewissernd, in den Nachthimmel. Nichts.

Ich marschiere hinter den anderen her zu der Empfangshalle und zu meinem Koffer! Zumindest bleibt die Beförderung der Passagiere von den zu überbrückenden 20 Metern mit den Bus erspart.
Da issa wieder!
Nach kurzer Zeit kommt mein Koffer auf dem Laufband daher und ich nehme in zärtlich in Empfang. Ich freu mich, dass er wieder da ist. Jetzt bin ich wieder vollständig. Und jetzt?
Eine Dame vom Reisebüro informiert Anja und mich, dass wir mit dem Bus „P3“ zu unserem Hotel gebracht werden. Sandra und Andi fahren mit einem anderen Bus. Wir mussten, weil wir die letzten Plätze ergattert haben, über unterschiedliche Reisebüros buchen. Jedes Reisebüro ein anderer Bus.
Ich sitz mit Anja im abgedunkelten, klimatisierten Bus und wir tratschen ein wenig. Lernen uns ein bisschen näher kennen. Sie ist mir auf Anhieb sympathisch. Nebenbei achten wir auf die Ansagen des doch sehr entspannten und eher unmotivierten Busfahrers. Wir wollen ja auf keinen Fall den Ausstieg bei unserem Hotel verpassen.
Atlantis Hotel!
Wir sind da. Raus mit uns.
Die Koffer werden von dem genervten Chauffeur aus dem Bauch des Busses gehievt und wie etwas Ekliges daneben abgestellt. Ich nehme meinen Lebensinhalt in Empfang und schenke dem unfreundlichen Griechen einen vernichtenden Blick. Es ist ihm egal.
Wir marschieren über ein paar Stufen, durch große Glastüren ins Hotel. Die Empfangshalle wirkt sehr edel mit dem Marmorboden und dem vielen glänzenden Chrom überall.
Kalispera!
Eine freundliche, junge Dame empfängt uns und gibt uns unsere Zimmerschlüssel. Dazu bekommen wir, das ist mir neu, ein Plastikband um das Handgelenk befestigt. Es zeigt, dass wir all-inklusive-Gäste sind.
Sandra und Andi sind bereits auch angekommen und stehen hinter uns an.
Eine Dame des Reinigungspersonals zeigt Anja und mir unsere Zimmer. Ich schau zu Sandra und Andi. Nein, die beiden kommen wo anders hin. Ok.
Anja und ich folgen der freundlichen, jedoch kein Wort Englisch sprechenden, Dame. Sie geht mit uns….doch ein Stückerl.
Licht wäre gut, ein bissl vielleicht?
Wir folgen ihr eine Weile durch die Anlage und kommen dann zu einem schmalen, stockfinsteren Gang. Dort zeigt sie zu den gerade noch erkennbaren Türen 507 und 508, winkt und geht.
Ohne Handytaschenlampe finden wir nicht mal in die Schlüssellöcher. Unsere Zimmer sind ebenerdig. (Gut, ich hätte meinen Koffer niemals über die lange Treppe neben unserem Gang gebracht!) Und nebeneinander.
Das Zimmer
Nach einigem Herumprobieren am Schlüsselloch meiner Zimmertüre, betrete ich, nach erfolgreichem Aufschließen, mein Urlaubsdomizil.
Der metallische Anhänger auf dem Schlüsselbund ermöglicht die Stromzufuhr des Zimmers. Also, rein damit in einen Spalt bei der Eingangstüre und die Lichter gehen an. Ich betrachte mein Zimmer.
Es handelt sich um ein Familienzimmer mit, sage und schreibe, vier Betten. Ich wohne alleine hier.

Das Bad ist ok. Die Dusche in einer Badewanne. Wie bei mir zuhause. Neben dem Waschbecken gibt es viel Abstellfläche. (Aufmerksamen Beobachtern muss jetzt auffallen, dass hier bereits mein Zeug steht….nun, das Foto habe ich am nächsten Tag gemacht.)
Gegenüber des Bades befindet sich ein dreiteiliger Kasten. Nun, der reicht für meine mitgebrachte Garderobe.
Ein großer Raum beherbergt zwei Einzelbetten, gegenüber steht ein Kasterl. Ich öffne es und meine Erwartungen werden hier übertroffen. Hier ist ein Kühlschrank versteckt! Er ist relativ groß. Leer zwar, aber das ist für mich ja kein Problem. Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge, die Mythos-Flaschen (griechisches Bier, ich liebe es!!) darin und grinse glücklich vor mich hin.
Durch einen Art Raumteiler separiert, finde ich dahinter ein Doppelbett. Hier steht eine Kommode und auf ihr ein Fernseher. Nun, der interessiert mich nicht, ich schaue seit Jahren nicht fern.

Am Ende finde ich eine Terrassentüre. Ich öffne sie. (Auch hier möchte ich mich für die zeitliche Verschiebung meiner Aufnahmen entschuldigen….)
Ich habe eine Terrasse! Sie schaut in die Anlage. Im Dunkeln kann ich Palmen und andere Sträucher erkennen. Ein bisschen entfernt, gegenüber des Geländes, spielt Musik.

Ich schließe die Terrassentür wieder, wuchte meinen Koffer, wirklich nicht ladylike schnaufend, auf eines der Einzelbetten, schnapp mir den Schlüssel und meine Handtasche und verlasse wieder, im Stockdunkel des Ganges vor meiner Türe, mein Zimmer.
Anja ist auch gerade mit ihrer Besichtigung fertig und gemeinsam machen wir uns auf die Suche nach der Gemeinschaftsterrasse, auf der wir uns alle vier nach dem Einchecken treffen wollen.
Aber wir haben doch all-inklusive!?
Wir finden Andi bereits entspannt in Rattan Loungemöbel, auf einer großen Terrasse im Freien neben dem Hauptgebäude, sitzen. Viele Tische sind besetzt und es herrscht ein reges Treiben. Sandra steht an der Terrassenbar, ich gehe zu ihr hinüber und will mir auch gleich etwas Flüssiges besorgen.
Ein Aperol, ist genau das Richtige um meinen doch etwas müden Körper wieder in Schwung zu bekommen. Ich stell mich zu ihr — tja und da stehen wir nun. Das Mäderl, die Bardame, unterhält sich rege mit einem anderen Servicemitglied auf griechisch und macht keine Anstalten, das Gespräch wegen uns wartenden Gästen zu unterbrechen.
Ungläubig versuche ich mit ihr Augenkontakt zu bekommen, doch ihre Augen haben sich an dem männlichen Kollegen festgesaugt. Wo sie an dem Objekt ihrer Begierde noch saugen möchte, will ich mir jetzt gerade gar nicht vorstellen, ich will mein Safti!
„Hello? Can we order, please…?“ Nix, die Gute geht in ihrer Kommunikation förmlich auf. Nach doch einigen Minuten, gefühlten Stunden, lässt sie sich endlich dazu herab uns zu bemerken.
Sandra nimmt eine klebrige Karte in die Hand und bestellt ein paar, mit eigenartigen Namen versehene, Getränke. Ich wundere mich, was bestellt sie denn da? Was ist das denn?
Tja, also ich hätte gerne einen Aperol Spritz! Ich lächle das Mäderl an. Nein, den bekomm ich nicht. Meine bis jetzt halbwegs freundliche Miene entgleist vollends. Zumindest bekomme ich dieses gewünschte Getränk nicht kostenlos, denn es steht nicht auf der all-inklusive-Karte. Ich blicke auf das klebrige, folierte Blatt. Sie nickt. Ich bin sprachlos.
Mit einem enttäuschenden Orangensaft in einem kleinen Becherl verlasse ich entsetzt die Terrassenbar und setze mich zu den anderen.
Dort angekommen werde ich in Kenntnis gesetzt. All-inklusive bedeutet wohl nicht überall alles und das immer. Zumindest nicht hier. Es gibt ausgesuchte Getränke, selbst kreierte Cocktails, Bier und alkoholfreie Getränke bis….und jetzt kommts…..23 Uhr. Ab dann ist alles zu bezahlen.
Ich blicke auf mein blaues Plastikband auf meinem rechten Arm und lege in diesem Moment meine fantastische Vorstellung von „all-inklusive“ teilweise ab.
Aber jetzt!
Wir sitzen herum und unterhalten uns. Irgendwie kommt bei mir keine Stimmung auf. Ich bin enttäuscht. Verwirrt. Außerdem werden wir von Gelsen heimgesucht. Die uns immer wieder auf unsere Arme und Beine schlagen lassen. Es ist kühl, ich bin müde und unglücklich.
Es ist bereits nach 23 Uhr. Andi will ein Bier. Er geht jetzt an die Main-Bar, die Haupt-Bar. Dort bekommt man auch Getränke, die nicht auf diesem pickigen, folierten Zettel stehen.
Ich hänge mich an und bestelle dort frech einen Aperol Spritz. Kein Problem. Ich schau ungläubig und kanns fast nicht fassen. Der Kellner fängt außerdem heftig an mit mir zu flirten. Er erklärt mir sehr ausführlich, wo es morgen das Frühstücksbuffet gibt.
Man lässt hier bei der Main-Bar die Getränke aufs Zimmer schreiben. Und mit einem wunderschönen Aperol in den Händen und meiner weiblichen Attraktivität bestätigt, begebe ich mich, heftig hüftschwingend, meine Glückstränen bezwingend, zurück zu den anderen.

Andi lächelt glücklich sein Bier und ich mein rotes Lieblingsgetränk an. Endlich kann ich mich ein bissl entspannen und genießen. Ich bin hier auf, für mich, vollkommen fremden Terrain und muss mich damit erst auseinander setzen. Mich daran gewöhnen.
Gute Nacht!
Wir sind alle müde und bald verabschieden wir uns. Anja und ich marschieren wieder zu unseren Zimmern im dunklen Gang und leuchten uns gegenseitig beim Aufsperren.
Ich mach mich bettfertig und krabble völlig erschöpft in eine Seite des Doppelbettes. Kurz checke ich noch mein Handy, es gibt freies W-Lan, und drehe dann das Licht ab.
Echt jetzt?
Viele Eindrücke, viele Emotionen lassen mich nicht gleich in den Tiefschlaf sinken. Doch irgendwann merke ich, dass ich langsam ins Land der Träume gleiten kann. Und dann….
… höre ich sie…..ein helles Surren. Es sind mindestens zwei. Blutsaugende Plagegeister. Zuerst versuche ich noch mit über dem Kopf gezogener Decke zu schlafen, doch recht bald wird mir klar, dass ich das wohl nicht überleben würde.
Ich reiße die Decke hoch, schnappe gierig nach Luft und springe aus dem Bett. Ich habe zwei Gelsenstecker mit. Diese bestücke ich nun mit den dazugehörigen Plättchen, die ich natürlich zuhauf mithabe und stecke sie in der Nähe meines Bettes an. Dazu hole ich noch hysterisch meinen Mückenspray für die Haut und besprühe damit die Vorhänge und das gesamte Bettzeug.
Bis morgen….vielleicht
Danach lege ich mich wieder ins Bett. Der Geruch lässt meine Augen tränen. Ich schließe sie. Und bevor mich meine nicht so positiven Emotionen übermannen, merke ich wie mich meine Erschöpfung endgültig besiegt.
Und falls ich heute Nacht hier drinnen nicht ersticke, bin ich auf den morgigen Tag gespannt.
Kalinichta
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